derung einer Depesche auf noch so langen Leitungen ohne Uebertelegraphirung in einer Zwischen­station zu ermöglichen. Die im Jahre 1852 eingeführte Translation erfuhr später durch österreichische Fachleute, wie Matzenauer, Discher, Teufelhart, wesentliche Verbesserungen.

Kurze Zeit darauf begann man sich ernstlich mit dem Problem zu beschäftigen, auf einem und demselben Drahte mehrere Depeschen gleichzeitig befördern zu können.

Die Erfindung der gleichzeitigen Vielfachtelegraphie, welche später Anwendung bei fast allen Apparatsystemen fand, ist specifisch österreichisch und insbesondere den unermüdlichen Bestrebungen des österreichischen Telegraphendirectors Gintl, dem Prager Professor Petrina und in ihrer weiteren Ausbildung dem Vorstande des Wiener Central-Telegraphenamtes Dr. Stark zu danken. Bei der prak­tischen Durchführung erwies sich diese Neuerung zwar anfangs von nur zweifelhaftem Werthe; immer­hin sind aber die erwähnten Versuche und Beobachtungen für die erst in neuerer Zeit gelungene Lösung der Aufgabe, die Leitungen auf die besprochene Art, unbeschadet der vollen Betriebssicherheit, besser

auszunützen, nicht ohne Bedeutung geblieben. Das Verdienst der genannten Landsleute, mit Eifer den

«

fruchtbringenden Gedanken verfolgt und mit seltener Zähigkeit die praktische Durchführung desselben angestrebt zu haben, darf deshalb, trotz des anfänglichen Misserfolges, nicht unterschätzt werden. Die weitere Entwicklung der Telegraphie gipfelt von da an bis zur Gegenwart hauptsächlich in dem Be­streben, den Nutzertrag der vorhandenen Leitungen durch die Schaffung leistungsfähigerer Apparate zu steigern.

Zunächst war es, wie erwähnt, die gleichzeitige Mehrfachtelegraphie, welche mit der Zeit die Leistungsfähigkeit der einfachen Apparate verdoppelte, ja beim Morse-System selbst vervierfachte. Später kam die absatzweise Multiplextelegraphie auf, welches Princip in dem 1874 construirten Meyerschen Multiplex und in dem genial erdachten Baudotsehen Apparate (1875) seine höchste Ausbildung erhielt. Auf den directen Leitungen mit intensiver Correspondenz wurde das Morse-System bald durch den weit rascher arbeitenden Typendrucker von Hughes ersetzt, dessen Leistung seit einigen Jahren noch durch Duplexirung wesentlich erhöht werden kann. Die rascheste Beförderung wurde endlich mit Hilfe der automatischen Telegraphie, deren vornehmster Repräsentant der 1867 von Wheatstone con- struirte Automat ist, erzielt. Welche enorme Steigerung der Telegraphirgeschwindigkeit der Vervoll­kommnung des Apparatwesens zuzuschreiben ist, möge daraus entnommen werden, dass z. B:

beim

einfachen Morse

. . . 500

Worte

»

Morse-Duplex ....

900

»

»

einfachen Hughes .

1200

»

»

Hughes-Duplex

2200

»

»

einfachen Baudot .

. . . 800

»

»

Baudot-Duplex

1600

»

»

Baudot- Quadruplex .

3200

»

»

Wheatstone.

. . . 18000

»

per Stunde befördert werden können.

In Oesterreich sind derzeit 4045 Morse-, 200 einfache Hughes-Apparate, 26 Hughes-Duplex und 1 Baudot-Duplex im Betriebe. Die Morse-Apparate arbeiten hauptsächlich auf den weniger bean­spruchten Reichslinien und auf den sogenannten Omnibusleitungen mit vielen Zwischenstationen. Die erstgenannten Leitungen mit wenigen Mittelstationen sind auf Arbeitsstrom geschaltet, d. h. die Batterie wird im Momente der Zeichengebung geschlossen, nach erfolgtem Zeichen jedoch unterbrochen. Da diese Schaltungsweise die Aufstellung von eigenen Batterien in sämmtlichen Stationen bedingt und aus gewissen anderen technischen Rücksichten werden die Omnibusleitungen mit Ruhestrom betrieben, bei welcher Betriebsweise die Stromquelle continuirlich mit der Leitung verbunden ist und die Zeichen­gebung durch Unterbrechung erfolgt. Im ersteren Falle wird der Anker des Linienapparates für die Dauer der Zeichengebung vom Elektromagnet angezogen, in letzterem wird er gerade für diese Zeit vom Magnete abgerissen. In die Linien sind die Relais eingeschaltet; nur diese sprechen auf den Linien­strom an, schliessen aber gleichzeitig den Localstromkreis des Morse-Apparates, dessen Anker das

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