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und das merkwürdige Spiel mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks von Neuem beginnt.
Aber es ist nicht allein Wasser, das der Nil dem Lande zuführt; es ist das Land selbst, welches er aus dem innersten Afrika herunterschleppte und an dem er fortwährend weiterbaut. Tausende und taufende von Tonnen pulverfein zerriebenen Gesteins, Quarz und Kalk, Thon und Lehm, gemengt mit den organischen Bestandtheilen einer tropischen Vegetation, bringt er jährlich durch die Felsenthore von Afsuan, und legt sie in papierdünnen Schichten über ganz Aegypten, die Thalsohle immer höher und höher aufbauend, das Delta weiter und weiter ins Meer hinausschiebend. Dieser Vorgang, in Verbindung mit der geologischen Beschaffenheit des Landes, ist dessen Entstehungs- und Lebensgeschichte. Die Mulde zwischen den Kalkbergen Nordost- Afrika's bildete ursprünglich ein tiefeinschneidendes negatives Delta: eine Bucht, ähnlich wie die von Akaba oder Suez. Ihr Grund ist bedeckt mit altem Meeres- und späterem Wüstensand. Auf diesen hat der Nil im Lause ungezählter Jahrhunderte eine 10—16 Meter starke durchaus homogene Masse vom braunem humusartigem Thon aufgelagert, die noch heute jährlich um eine Papierdicke anwächst, wie dies seit Jahrtausenden geschah. Ich spreche absichtlich von einer Papierdicke; denn wo die Ablagerung in unserer Zeit ungestört vor sich gehen kann, lassen sich in der That die Jahresschichten abheben, wie die Blätter eines Buches. Andererseits ist es bis jetzt ganz unmöglich gewesen, das wirkliche Anwachsen des Bodens genau in Millimetern festzustellen, da, seit die menschliche Kultur eingreift, jedes regelmäßige Anwachsen bis zur Unkenntlichkeit gestört wird. Die Vorschiebung des Delta's ins Meer hinein soll nach Forschungen von Larousse, die kürzlich der französischen Akademie mitgetheilt wurden, an der Mündung des Damiette-