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Ins innerste Afrika : Bericht über den Verlauf der deutschen wissenschaftlichen Zentral-Afrika-Expedition 1907 - 1908 / von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg
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gar nicht geleugnet doch sind das Vorkommnisse, die in der Kolonie jeder Nationalität zu finden sind. Vor allem aber können sie da nicht ausbleiben, wo die Indolenz und das Verhalten der Bevölkerung eine straffe Disziplin zur Hebung reicher Schätze aufs Dringendste benötigt. Ls ist gewiß, die Eingeborenen des Kongostaates werden im allgemeinen scharf angefaßt- über Gebühr werden ihre Dienste aber nicht herangezogen. Selbst da, wo in den großen Kautschukrevieren die Haltung der Bevölkerung oppositionellen Tharakter angenommen hat, dürste der Grund hierfür in Überbürdung nicht zu suchen sein. Die täglichen Leistungen eines Arbeiters in Deutschland übertreffen die des Negers bei weitem. Die feindselige Haltung dort findet vielmehr hauptsächlich ihren Grund in der angeborenen Scheu vor dauernder körperlicher Anstrengung, welche, wie die meisten Negerstämme, so auch die Bewohner des Urwaldes gegen den ihnen auferlegten, unbequemen Zwang zur (Opposition reizt.

Ich möchte feststellen, daß wir mustergültige Einrichtungen im Kongo­staate kennen gelernt haben, denen gegenüber die Ausschreitungen einzelner Angestellter gar keine Bedeutung haben. Die Behandlung der Eingeborenen kann in manchen Fällen sogar als superhuman bezeichnet werden, so daß sie den Verwaltungsbeamten ihre Arbeit oft sehr erschwert. 5o darf ein aus Safari befindlicher Offizier z. B. nur den in dauerndem Solde stehenden Leuten (Askari, Boys) Strafe in Form von Prügel zudiktieren, den Trägern gegenüber ist er völlig machtlos. Er ist sogar verpflichtet, ein Trägervergehen zunächst dem zuständigen Lket äe rone bezw. dem postensührer zu melden, der wiederum einen Europäer, keinen Farbigen, zur Einbringung des Misse­täters abzusenden hat. Aus einem Luropäerposten darf ein zu verhaftender Eingeborener, falls er sich zufällig dort befinden sollte, nicht festgehalten werden. Als Strafe wird meist Kette oder Gefängnis verhängt, die An­wendung der Prügelstrafe ist Nichtangestellten gegenüber untersagt.

Nun ist es genugsam bekannt, daß das Neisen in Afrika ohne Einhaltung straffer Disziplin und ohne die Anwendung der Prügelstrafe ungehorsamen Leuten gegenüber undenkbar ist. Dies ist eine Erfahrung, die ein jeder macht, der einmal mit einer großen Safari lange dort umhergezogen ist. wo nicht die Strenge sich zur Gerechtigkeit gesellt, wo nicht der Europäer be­rechtigt ist, nach genauer Untersuchung den Schuldigen nach verdienst zu strafen, da geht die unbedingt nötige Disziplin in der Karawane und die Autorität des Weißen sehr bald in die Brüche. Der Neger beugt sich nur