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Ins innerste Afrika : Bericht über den Verlauf der deutschen wissenschaftlichen Zentral-Afrika-Expedition 1907 - 1908 / von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg
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Katastrophe fand man ihn aus einer unbewohnten Insel, halb von Zinnen vor Hunger und den ausgestandenen Gefahren. Zum Unglück kannte dieser Mann keine andere Zprache als die seine. 5o stand man dem einzigen Zeugen der Katastrophe verständnisunfähig gegenüber. Der Radkasten des Schiffes aber ragte noch als trauriges Wahrzeichen an der Unglücksstätte aus den Wellen hervor, eine eindringliche Mahnung, daß selbst eine harmlos erscheinende Kongoreise Gefahren bringen kann.

Schwere Unwetter hatten auch wir während unserer Fahrt zu be­stehen gehabt. Sie äußerten sich in heftigen Gewittern und in Regengüssen, die, man möchte sagen, aus heiterem Himmel mit solcher Gewalt nieder­gingen, daß die User hinter den herabprasselnden Wassermassen verschwanden. Damit hörte für den Kapitän jede Möglichkeit der (Orientierung aus und das Schiff mußte schleunigst vor Rnker gehen. War heftiger Wind mit solch einem Platzregen verbunden, so suchten wir eine leidlich geschützte Stelle in der Nähe des Users zu erreichen und lagen hier oft stundenlang, ehe das Wetter sich klärte. Ruch dichte Morgennebel zwangen zuweilen zu lästigem Warten vor Rnker.

Nouvelle Rnvers, eine der größten Stationen des Inneren, die von l5 Weißen besetzt ist, erreichten wir am Nachmittag des 17. Mai. Die zahl­reichen durchweg massiv ausgeführten Baulichkeiten machen einen vortreff­lichen Eindruck. Die Kirche der Mission verblüfft geradezu durch ihre Größe und würdige Schönheit und ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die bauliche Leistungsfähigkeit der Neger unter europäischer Leitung. Die Station liegt im Mittelpunkt eines durch die Schlafkrankheit schwer heimgesuchten Bezirks. Davon zeugten etwa 100 kranke, die im dortigen Hospital der Rtoxylbehand- lung unterzogen wurden. Der Freistaat ist sich, wie ich früher erwähnte, der furchtbaren Gefahr dieser Seuche, die sich am oberen Kongo mehr und mehr ausbreitet, wohl bewußt und scheut kein Mittel, ihr entgegenzutreten. Nament­lich in dem Laboratorium des großen Krankenhauses in Leopoldville ist man mit der Erweiterung der wissenschaftlichen Grundlagen für die Behand­lung eifrig beschäftigt, jedoch von positiven, dauernden Erfolgen ist man auch hier noch nicht überzeugt.

Rm vormittag des 19. erreichten wir die große Station Loquilhat- oille, den Endpunkt der Telegraphenleitung von der Küste her. Sie liegt weit ausgedehnt und sehr anziehend inmitten schöner gärtnerischer Anlagen. Dort weilte der Lommissaire Roz-nl Mr. Henry, ein Spezialgesandter des Königs,