IV
in Verlust gerathen war, unter Zuziehung derselben Commissions- mitglieder und Experten am ö. Juni 1806 wiederholt werden. Bei jeder Vernehmung functionirte ein Commissionsmitglied als Vorsitzender und vier bis sechs Beisitzer nach einem einverständlich festgesetzten Turnus, doch stand es jeden: Eommissionsmitglied frei, an allen Sitzungen als Beisitzer theilzunehmen. Die Fragestellung erfolgte zuerst durch den Vorsitzenden und dann durch die Beisitzer unter Benützung eines von Dr. Leo Verkauf entworfenen Fragebogens (st Anhang), der jedoch nur eine allgemeine Richtschnur geben sollte und an den kein Commissionsmitglied gebunden war. Gewöhnlich wurden die Arbeiter und Arbeiterinnen einer Branche zusammen einvernommen. Da es schwierig war, von den Frauen, welche in der Regel nur Theilarbeilen verrichten, ein Bild des ganzen technischen Processes in dem betreffenden Gewerbe zu erlangen, so wurde vorerst über diesen Punkt ein männlicher Experte vernommen, außerdem kamen von Männern Vertreter der Gehilfenschaft und der Klrankencassen zu Worte. Sodann wurden die Frauen über ihre Beschäftigung und Verhältnisse befragt. In einer späteren Sitzung kamen sodann die Unternehmer zu Worte, wobei außer dem Fragebogen auch die vorher abgegebenen Aussagen der Arbeiter als Grundlage der Befragung dienten. Die Zahl der Experten belief sich auf 260, worunter ö0 männliche, 181 weibliche Arbeiter, 20 Unternehmer und einige andere sachkundige Personen. Die Beschaffung der Experten erfolgte auf verschiedene Weise. Die Arbeiter wurden durch Vereine und Gewerkschaften, durch Gehilfenobmünner der Gewerbegenossenschaften und auf Vorschlag von Commissionsmitgliedern nominirt, auch erboten sich Arbeiterinnen freiwillig zur Ausknnfts- ertheilung oder wurden — offen oder versteckt — von Unternehmern zur Vernehmung angemeldet. Thatsächlich waren nur die socialdemokratischen Organisationen in der Lage, eine größere Zahl von Expertinnen zu bezeichnen, die christlich-sociale Partei konnte keine einzige beistellen. Alle rechtzeitig bezeichneten Experten gelangten zur Abgabe ihrer Aussagen. Allerdings waren Expertinnen aus einer Reihe von Branchen, insbesondere aus solchen, wo Angehörige der Mittelstände in Verwendung stehen, z. B. Telegraphistinnen, Telephonistinnen, Tabak-Trasikantinnen rc., schwer oder gar nicht zu bekommen, da die Furcht vor den Folgen der Aussage Viele abhielt. Auch eine der bestorganisirten Arbeiter- gewerkschaften hielt es für angemessen, das Erscheinen von Experten zu verhindern. Noch schwieriger gestaltete sich die Heranziehung von Unternehmern zur Expertise. Trotz vielseitiger Bemühungen seitens der Commissionsmitglieder, insbesondere auch jener, welche dem Verbände der n.-ö. Handels- und Gewerbekammer angehören, trotz mehrmaliger öffentlicher Aufforderung in den Zeitungen erklärte sich nur eine geringe Zahl von Unternehmern bereit, vor der Commission auszusagen, und auch ein Theil dieser angemeldeten Experten zog es nachträglich vor, der an sie ergangenen Einladung zu den Sitzungen nicht zu entsprechen, ein anderer Theil wollte sich darauf beschränken, Erklärungen abzugeben, und acceptirte nur ungern die Fragestellung seitens der Commission.
Die Sitzungen der Commission waren wohl mit Rücksicht aus die sonst zu erwartende Gefährdung der Arbeiter-Experten nicht öffentlich,