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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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doch wurde jedem Unbeteiligten auf seinen Wunsch von Fall zu Fall der Zutritt gestattet, wovon eine namhafte Zahl von Personen reichlichen Gebrauch machte. Fast täglich waren Functionäre der Behörden, ins­besondere der interessirten Ministerien, der politischen Verwaltung und des Gewerbe-Jnspectorats, häufig auch Mitglieder der Handels- und Gewerbekammer bei den Sitzungen zugegen, durch welche Thatsache die unparteiische Führung der Verhandlungen am besten gekennzeichnet ist. Wie sehr jedoch die Commission Recht hatte, die unbedingte Zugänglich- machuug der Enquete für Jedermann auszuschließen, beweist am besten der Umstand, daß die Expertise eine Reihe von Maßregelungen zur Folge hatie, deren Zahl sicher noch größer gewesen wäre, wenn die unbeschränkte Oefsentlichkeit eine leichtere Ueberwachnng der Ein­vernommenen seitens der Unternehmer ermöglicht Hütte.

Die Verhandlungen wurden wortgetreu stenographisch ausgenommen, und überdies verfaßte ein Mitglied der Redaction derReichsraths- Correspondenz" einen Auszug, der unmittelbar nach den Sitzungen den Tagesblüttern zur Verfügung gestellt wurde. In anerkennenswerther Weise haben die meisten Wiener Journale der Enquete gegenüber eine sympathische Haltung beobachtet und die Referate ganz oder großen­teils zum Abdrucke gebracht. Demgegenüber konnte die Commission über die heftigen Angriffe seitens einzelner, im Dienste bestimmter Interessen stehender Organe von geringer Bedeutung zur Tages­ordnung übergehen.

Die Auslagen der Commission, welche den Betrag von sl. :>0> >0 weit überschreiten, wurden durch freiwillige Beiträge, meist aus den Kreisen der Wiener Soeialpolitiker, überdies von der Ethischen Ge­sellschaft und einzelnen wohlwollenden Spendern bestritten. Die größten Kosten entstanden durch die stenographische Ausnahme und die Druck­legung des Protokolls, außerdem wurde den Experten aus dem Arbeiter­stande die Zeitversäumniß nach einem bescheidenen Ansätze vergütet. Einen relativ nicht geringen Betrag nahmen auch die Entschädigungen an wegen der Expertise gemaßregelte Arbeiterinnen bis zur Erlangung eines neuen Platzes in Anspruch. Die LocalitÜten hatte die n.-ö. Handels­und Gewerbekammer in dankenswerthester Weise unentgeltlich zur Ver­fügung gestellt.

Das stenographische Protokoll gelangt hiemit zur Veröffentlichung. Es war nothwendig geworden, dasselbe einer eingehenden Redaction zu unterziehen, deren Grundsätze in Nachfolgendem mitgetheilt werden. Die Commission hatte in Aussicht genommen, keinerlei meritorische Aenderung oder Weglassung vorzunehmen, lediglich die üblichen immer wiederkehrenden Fragen, Wiederholungen in der Aussage eines und desselben Experten, formelle Bemerkungen u. s. s. sollten eliminirt werden. Die peinlichen Erfahrungen, welche die Commission jedoch nach Abschluß der Enquete machen mußte, insbesondere die mehrfache Ent­fernung von Expertinnen aus ihrem Arbeitsverhültnisse, zwangen das Executiv-Comite der Commission, den Beschluß zu fassen, nicht nur bei der Namensnennung der Experten, sondern auch bei der Wiedergabe der Aussagen die größte Vorsicht walten zu lassen. Es mußten daher alle Angaben, durch welche die Personen der Vernommenen erkennbar gemacht werden, entsprechend redigirt werden. So bedauerlich diese