Heft 
2 (1898) Heft 3
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des Menschen vörgrösserte, indem sie ihm erlaubte, der Zeit und der Entfernung zu spotten.

Wir geben uns wohl keiner unge­rechtfertigten Hoffnung hin, wenn wir von einer auf derartigen Grundlagen angeord­neten Ausstellung einen grossen und heil samen Einfluss auf die zukünftigen Fort­schritte der electrischen Telegraphie er­warten, denn das Studium der Vergangen­heit wird stets eines der ausgezeichnetsten Mittel zur fruchtbringenden Benützung der Gegenwart und Vorbereitung auf die Zukunft bleiben.

Ehe wir nun zur eingehenderen Be­schreibung des ausgestellten Telegraphen - materiales übergehen, wollen wir des all­gemeinen Eindruckes erwähnen, den das­selbe auf die anwesenden Fachmänner hervorbrachte.

An allen Apparaten, wenn sie nicht blosse Versuchsmodelle waren, konnte fast durchgehends eine ebenso exacte mecha­nische Ausführung, als sorgfältige Be­rücksichtigung der phisikalischen Gesetze constatirt werden. Letztere trat schon in der äusseren Gestalt der Apparate durch die allgemeine Tendenz zur Gleichheit und gleichen Constructionsweise der we­sentlichen Theile hervor. Die Bemühun­gen des letzten Jahrzehntes, durch die mannigfachsten Abänderungen der Gestalt und Grösse der Eleetromagnete und ihrer Anker grössere Kraftäusserungen oder Wirkungen zu erzielen, fanden sich in der Pariser Ausstellung nicht vertreten; alle erwähnten Absonderlichkeitenwaren durch den ursprünglichen geraden oder Hufeisen­magnet , von zweckmässig gewählten Di­mensionen wieder verdrängt. Auch bei den rein mechanischen Bestandteilen war das Hervortreten einer gewissen norma­len Form nicht zu verkennen. Die Natio­nalität machte sich insoferne geltend, als z. B. die in England verfertigten oder für

englischen Gebrauch bestimmten Appa­rate wesentlich kräftigere Dimensionen und grössere Metallstärkeu zeigten, wie die französischen und belgischen Erzeug­nisse gleicher Natur, welche sich im Ganzen mehr dem Genre der Uhrenme­chanik nähern ; die deutschen und öster­reichischen Apparate stehen in dieser Be­ziehung zwischen den genannten in der Mitte; die in der Schweiz verfertigten machen sich durch die geringere, aller­dings nur nebensächliche Eleganz der Ausstattung kenntlich.

Auch in den Preisen der Apparate, soweit sich dieselben angegeben fanden, waren keine auffallenden Differenzen vor­handen, wenn man dabei den wechselnden Geldwerth in den verschiedenen Ländern und in mannigfach geänderten Bedin­gungen der Production in Anschlag bringt. Höchstens könnte die französische Indu­strie in dieser Beziehung den Vorrang grösserer Billigkeit bei solchen Artikeln in Anspruch nehmen, welche sie bis jetzt entweder in besonderer Massenhaftigkeit oder mit exclusivem Monopole lieferte. Zur ersten Gattung gehören die Einrich­tungen für Haus- und Zimmertelegraphen, zur letzteren die Hughesschen Druck - apparate.

Nach diesen einleitenden Bemerkun­gen schreiten wir nunmehr zur Bespre­chung der ausgestellten und eine nähere Beachtung verdienenden Gegenstände, in­dem wir das vorhandene Materiale der besseren Uebersicht wegen in mehrere Gruppen unterabtheilen wollen.

I.

Gewöhnliche Luftleituugen.

Bei der electrischen Telegraphie müs­sen ohne Rücksicht auf das Apparatsy­stem, welches zur Anwendung gebracht wird, nothwendigerweise drei Momente unterschieden werden: die Hervorbrin-

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