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Das Telegraphenwesen in Oesterreich,

(Fortsetzung.)

Aus den vorangeführten statistischen Daten erhellt zu Genüge, dass es nicht die Billigkeit derVerwaltung ist,welche für die Zweckmässigkeit der sogenannten Telegraphen-Nebenstationen spricht.

Wir wollen desshalb zur Prüfung der Leistungen dieser Stationskathegorie schreiten und sehen, ob vielleicht sie es sind, welche die Beibehaltung derselben rechtfertigen.

Instructionsmässig sind den Neben­stationen dreierlei Geschäfte übertragen, nämlich die Besorgung des eigentlichen Telegraphen - Correspondenzdienstes, die Bestellung der einlangenden Depeschen und die Instandhaltung der Leitungen bis auf eine Entfernung von 12 Meilen. In dieser Einrichtung, vermöge welcher ein Neben-Stationsführer gleichzeitig den Dienst eines Telegraphen-Beam­ten, eines Amtsboten und eines Lei­tungsaufsehers zu versehen hat, glaubt man das Mittel zur Erzielung einer sachgemässen und billigen Verwaltung der kleineren Telegraphen-Stationen ge­funden zu haben.

Nun ist es allerdings ganz gewiss wahr, dass die Erhaltung einer Station un- verhältnissmässig billiger zu stehen kommt, wenn die Functionen der Depeschenbe­förderung, Depeschenzustellung und Li­nienaufsicht von einer statt von drei ver­schiedenen Personen besorgt werden. Allein hierdurch ist weder ein zutreffen­der Beweis für die durch Einführung der Nebenstationen behauptetermassen erziel­ten, möglichst grossen Ersparnisse ge­liefert, noch die Utilität des in Rede ste­henden Stationssystemes dargethan; erste- res, weil von den Verfechtern der Neben­stationen bisher nicht nachgewiesen wurde, dass die Stationsverwaltung nicht noch

! einfacher und billiger eingerichtet werden könne, und letzteres, weil die mit dem wirtschaftlichen Principe der Arbeits- theilung im grellen Widerspruche stehende Cumulirung so verschiedenartiger Auf­gaben, w r ie es die eines Nebenstationsfüh­rers sind, um so mehr gerechte Zweifel hinsichtlich der befriedigenden Lösung derselben hervorrufen muss, als der Fall Vorkommen kann und wirklich öfters vor­kommt, dass der Stationsführer au glei­cher Zeit im Orte eine aufgegebene De­pesche abtelegraphiren und eine angekom­mene austragen, und ausserhalb des Or­tes eine Linienunterbrechung beheben soll.

Was speciell den Depeschendienst betrifft, so ist es einleuchtend, dass der­selbe bei einer Nebenstation nur un­vollkommen besorgt werden kann. Ist nämlich der Nebenstations - Aufseher in der Zustellung einer Depesche begriffen, so ist in der Zwischenzeit der Verkehr mit und von seiner Station eingestellt. Umgekehrt erleidet die Zustellung der eingelangten Corröspondenz während der Zeit, als der Stationsfiihrer am Apparate beschäftiget ist, eine ungerechtfertigte und bedauernswerthe Verspätung.

Ist in einer Nebenstation eine einzige Linie eingeführt und tritt in einer der bei­den Richtungen dieser Linie eine Störung ein, so muss der Stationsführer die Funk­tionen eines Telegraphen-Beamten einstel­len, sein Amt schliessen und als Leitungs- aufseher auf die Strecke hinauswandern, wenngleich die Correspondenz in der an­dern Richtung der Linie anstandslos vor sich gehen könnte; in der Zwischenzeit kann im Orte selbstverständlich weder eine Depesche einlaufen, noch zur Auf­gabe gelangen. Laufen zwei oder mehrere Linien durch die Station, von denen die in der Station eingeschaltete in beiden Rich­tungen gut; eine andere aber unterbro-