Akte 
"Meine Reise nach Ägypten" Carl Junker, 1847
Entstehung
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sieht kein grünes Gesträuch; auch brannte die Sonne hierso ziemlich.- Von der Säule ritten wir in den Gartendes Said Bei1  , eines Sohnes des Vizekönigs Mehemed Ali  .-Der Garten liegt auf einer Anhöhe und ist ganznett: Oben steht ein Palais umgeben von einerfranzösischen Anlage, unten ist er mit Palmen be-wachsen. Da wir die Erlaubniß erhielten alleszu besehen, fingen wer gleich unten im Garten damitan, daß wir einen Mosaickboden bewunderten.-Er stellte ein Medusenhaupt vor, und war in ei-ner kleinen Kapelle. Die Zimmer des Palais bo-then nichts außergewöhnliches dar, bloß sind dieTepiche auf den Fußböden sehr prachtvoll.- So-mit hatten wir alle Merkwürdigkeiten   besehen,bis auf den Obelisken und den Katacomben, diewir auf morgen verschoben.- Früh des andern Mor-gens am 11. April ritten wir wieder fort, besahenuns den Obelisken2, der sehr hoch und schmall undauf einer Seite voll von Hiroglifen ist, sonst je-doch nichts bemerkenswerthes darbiethet. Interes-santer sind die Katakomben mit den Ruinen derBäder der Kleopatra.- Erstere bilden ein unabseh-
bares Labyrinth angefühlt mit Schutt und Todtenknochen.Allein wir waren ja nicht bloß nach Egypten gekommenum uns die Merkwürdigkeiten   zu besehen, sondern umzu arbeiten.- Ja! aber wie und wo? das warenzwei große Fragen.- Wir brauchten dazu die Er-laubniß des Vicekönigs und um diese zu erhalten gingJaßmiger nach Cairo, wo er resedirte. Wir 3. hingegenthaten durch beinahe 3. Wochen nichts als essen, trinken,reiten und fahren.- Unsere oder eigentlich meineTagesordnung war folgende: Früh 7. Uhr aufstehen,frühstücken, und ein Pferd miethen, meist in Gesell-schaft des Herrn Grafen Schmiedegg ausreiten.Um 1. Uhr wieder essen, dann wegen zu großerHitze entweder im Zimmer Karten spielen oderschlafen, Abends vor der Table d'hote zum HaremBei reiten dann speisen, und schlafen.- DieserHarem Bei verdient jedoch eine Beschreibung.So nennt man einen Platz am Mahmudie Canal3  ,der so besucht ist, daß er leicht mit dem Pratervon Wien vergliechen werden kann.- Ein niede-res Häuschen, in welchem sich nur ein Paar Stühleund der Kaffeherd befindet, bildet das Kaffehaus

  1. Muhammad Said war der vierte Sohn des Vizekönigs Muhammad Ali und wurde später (1854) selbst zum Vizekönig ernannt.

  2. Welche der beiden Obelisken, die bis 1878 bzw. 1881 in Alexandria standen, die Gruppe besuchte bleibt unklar. Ursprünglich von Thutmosis III. (um 1486-1425 vor Chr.) in Heliopolis (Bezirk des heutigen Kairos) errichtet, wurden die Obelisken von Ramses II. (um 1303-1213 vor Chr.) mit Inschriften versehen. Später wurden sie im Auftrag des Kaisers Augustus 13/12 v. Chr. nach Alexandria gebracht. Die auch als Nadeln der Kleopatra genannten Obelisken wurden im 19. Jahrhundert von der ägyptischen Regierung verschenkt.

  3. Der Mahmudiya-Kanal, der Alexandria mit dem Nildelta verband, wurde 1820 fertiggestellt. Für den dreijährigen Kanalbau ließ der Vizekönig Muhammad Ali bis zu 300.000 Bauern als Arbeiter zwangsverpflichten.