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Bericht über die Durchstechung der Landenge von Suez an die k. k. geographische Gesellschaft
Entstehung
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allgemeine Weltnutzen der Durchstechung der Landenge von Suez von Genera­tion zu Generation durch Jahrtausende und selbst zu Zeiten anerkannt wurde, wo weder Telegraphen noch Eisenbahnen die Bedürfnisse des Verkehrs, wie heutzutage der Fall ist, gesteigert hatten, und wo der Werth der Zeit nicht so hoch wie eben jetzt, angeschlagen wurde. In allen obigen Schriften ist der Trieb der Völker zur Erlangung einer näheren, und allen Bedürfnissen entsprechenden Verbindung zwischen dem Westen und dem Osten, dem mittelländischen Meere und dem indischen Ocean erkennbar. Denn der Weg vom mittelländischen, oder vom schwarzen Meere zum kaspischen Meere, und von da über Kandahar nach Indien, ist eben ein sehr wei­ter, beschwerlicher und unsicherer Weg; ein zweiter, aber fast eben so be­schwerlicher, und von einem unermesslichen Continent unterbrochener Weg führt vom Mittelmeere durch das Euphratthal und den Tigris zum persischen Golf, und von da nach Indien, und der dritte Weg vom Centralpunct der alten Welt und Cultur zu den kaum erschlossenen, und zum grossen Theil noch undurch­forschten Welttheilen ist der Weg durch das rothe Meer, welches nur durch eine sehr beschränkte Landenge vom Becken des Mittelmeeres getrennt ist. Diesen drei Wegen des Alterthums zur Vermittlung des Verkehrs zwi­schen den Völkern der alten Welt und den Völkern jenseits des indischen Oceans, reihte sich aber erst im Mittelalter ein vierter Weg an; es ist dieser der von Vasco de Gama 1498 entdeckte, ununterbrochene Seeweg um die Süd­spitze Afrikas. Obschon dieser Weg die Reise von Europa nach Indien geradezu verdop­pelte, so wurde er doch vom grossen Handelsverkehr obigen drei Wegen nach und nach vorgezogen, weil er ununterbrochen war, und der Verkehr durch den arabischen Golf und Aegypten zum Mittelmeere hat nach und nach aufgehört. Doch wäre diese Katastrophe wahrscheinlich nicht in jenem Maasse einge­treten, wenn Aegypten inzwischen nicht in den Händen der Khalifen und der Mamluken, und mit diesen nicht in die tiefste politische, und Cultur-Versunken­heit gefallen wäre, und wenn die Venetianer, welche mit Benützung dieses Zu­standes der ausschliesslichen Ausbeute des Verkehrs nach Indien über Aegypten sich bemächtiget hatten, auch anderen Volksstämmen des Westens ihren Theil gegönnt hätten. Die Folgen dieser Zustände haben nicht lange auf sich warten lassen. Venedigs Glanz erlosch von Jahr zu Jahr immer mehr und mehr, und das Land Aegypten sank tiefer und tiefer, bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts, wo endlich die französische Expedition eintrat, und kurze Zeit darauf durch Mehemed Ali dem Unwesen der Mamluken in Aegypten ein Ende gemacht wurde. Die Reformen und die geordneteren Zustände, welche dieser geniale und kräftige Geist in Aegypten nacheinander einführte, erregten neuerdings die einge­schlummerten Regungen bezüglich der Wiedereröffnung des indischen Handels über Aegypten, und damit dieser für die Folge nicht mehr entschwinde, und eben so ununterbrochen, wie durch den Weg um die Südspitze Afrikas, bewerk­stelliget werden könne, war es unter dessen Regierung, dass der erste Anwurf bezüglich der Durchstechung der Landenge von Suez gemacht wurde. England bemächtigte sich inzwischen unermesslicher Reiche und Länder jenseits des indischen Oceans, während dessen handelspolitische, so wie seine industrielle Thätigkeit zu einer so kolossalen Grösse anwuchs, dass auch der zwar ununterbrochene, aber nichtsdestoweniger sehr weite Weg um die Südspitze Afrikas dem Bedürfnisse schneller Umsetzung der Cultur- und Industrieproducte des Mutterlandes und der Colonien jenseits des indischen Oceans nicht mehr ent­