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F. Salvisberg in Bern.

Auch die Form ist schön, diejenige aus der bessern Renaissancezeit und des Empire. Ein Luxus in der Wahl der Farbe und der Vergoldung des Holzes, der Intarsien in Metall, in Gold, Silber, Stahl, Bronze, künst­licher Massen, Porzellan und Emaileinsätzen, in den feinsten Fournieren und Marquetterien ist entfaltet, der verführerisch wirkt.

Neben den unendlichen Variationen, die der Ebenist, der Schnitzler, der Sculpteur, der Graveur, der Vergolder zu erfinden vermögen, ver­missen wir in diesen französischen Möbeln auch selten die praktische Seite, in dem Sinne, die Möbel bequem, zugänglich und brauchbar zu machen. Die Preise derselben erstrecken sich von Fr. 3000 bis auf Fr. 40,000. Charmois-besitzt einen Geschäftsbetrieb im Werthe von ca. Fr. 600,000, den Arbeitern desselben wird ein Theil des Gewinnstes ein­geräumt. In dieser hohen Nuance der Schönheit und des praktischen Geschickes stehen die Franzosen oben an, indem wir ihre bessern Eta­blissements betrachten. Wir bemerken aber auch eine Marotte, nach der es ihnen nicht lange wohl dabei ist, etwas Classisches geschaf­fen zu haben, sondern bald darauf ausgehen, dasselbe zu einem Mode­artikel herabzudressiren.

Daneben ergehen sie sich in der Idee, ganz pedantisch den Louis XIII., XIV., XV., XVI., den Henri IV. zu imitiren, und damit vergangene Jahrhunderte in ihren Tugenden und grossen Gebrechen, mit der grössten Gewissenhaftigkeit zu reproduziren und die Welt dafür zu fanatisiren.

Die Welt hat sich schon oft genug in dieser Weise ins Schlepp­tau nehmen lassen. Unsere Zeit hat aber eine wesentliche Aenderung oder Purifikation vorgenommen. Die Staaten haben sich emanzipirt. Es ist auch nicht gut, dass Frankreich stets sich als allein tonangebend ansieht. Es kann es auch für sich probiren, darf sich seiner besondern Leistungen freuen und von dem Wahren, das es bringt, wollen wir ler­nen, ohne es blindlings nachzubilden. Zu seinen Erfolgen haben die vorzüglichen Malerschulen schon unter Louis Philipp beigetragen, dann die vortrefflichen Zeichnungsschulen in Paris, seine bedeutenden Archi- tecten, Bildhauer, Graveure, Künstler, und die grosse, letzte politische Umwälzung. Die ausgestellten, architectonischen Entwürfe, die Vorlege- blätter aus Schulen, die Arbeiten der Schüler derselben zeugen von einem durch und durch praktischen Gange und von einer Energie der Behänd-, lung, die eben dem Franzosen eigen ist, und die wir in den vielen vor­trefflichen deutschen Schulen, mit ihrem ausserordentlich reichen Mate­rial auf der Ausstellung nicht erreicht finden, oder es sei denn, dass der angeborne Geschmackssinn der Franzosen, die lebendige Wiedergabe ihres Gedankens und ihrer Phantasie uns bestochen hätte.

Italien tritt bei der Ausstellung in ganz bemerkenswerther Weise auf. Die Arbeiten in der Kunstindustrie des Holzes mag wohl als der Glanzpunkt ihrer Gesammt-Ausstellung angesehen werden. Ist es eine blosse Zufälligkeit, dass die zum Wettkampfe berufenen Geister nicht