lienbeziehungen, welche die Mädchen haben, dieser Widerstand kann nach allem Ge­sagten nur in einer sehr flüchtigen Betrachtung der Sachlage wurzeln, oder man muss ihn auf den früher erwähnten brutalen Egoismus zurückführen. Dieser Egoismus, so verwerflich er ist, setzt nicht in Erstaunen, aber Staunen erregt es, dass die Regie­rungen und Gesetzgebungen diese ungebändigte Gewinnsucht frei gewähren lassen und ihr nicht durch Gesetze und Verordnungen, welche den Frauen günstiger wären, einen Damm setzen. Man sollte glauben, die Volksvertretungen müssten gerne die Gelegenheit ergreifen, einmal wirklich helfen zu können.

Geehrte Anwesende, gerne Hesse ich den Blick weiter schweifen über die engen Grenzen der bestimmten Gesellschaftsclassen hinaus, für welche ich zunächst die Er-, richtung der höheren Bildungsanstalten anstrebe. Die Zeit reicht heute nicht, aber ich kann die Hoffnung nicht verschweigen, dass jede Stufe, welche die Frau auf irgend einem Gebiete erklimmt, den Frauen in ihrer Gesammtheit zu Gute kommen wird, dass einerseits das ganze Geschlecht eine Eileichterung erfahren, anderseits dasselbe gegenseitig hilfreicher sein wird. Es liegt nahe dabei, an die Aerztin zu denken.

Frau Mathilde Weber hat darüber so vortrefflich geschrieben, dass ich nur die Bestätigung aus meiner Erfahrung hinzu zu setzen habe. Ich habe schon früher er­wähnt, dass ich viele Jahre im Gebirge verlebt habe. Da habe ich unzählige Male gedacht : wenn doch hier ein Frauenarzt zu haben wäre! wie viele Schmerzen und wie viel Unglück könnte erspart werden! Es ist hier nicht der Ort, Einzelnheiten zu besprechen, auch nicht in wie weit weibliche Frauenärzte allmälig die Hebammen ersetzen könnten, aber das muss gesagt werden, dass es ein grosses Versäumniss der Landesvertretung ist, für den bezüglichen Sanitätsdienst gar nichts vorzukehren. Weit und breit ist oft kein Arzt zu haben und erst recht keiner, der in dem speciellen Fache tüchtig wäre; und dazu will die ländliche Frau auch keinen Arzt. Die intime Angelegenheit will sie nur mit Hilfe ihres Geschlechtes bestehen, daher auch ein Arzt nur geholt wird, wenn Mutter und Kind äusserst gefährdet sind. Die Folgen dieser und vieler anderer Vernachlässigungen sind schwere Erkrankungen und mit das frühe Hinsiechen und Hinwelken der ländlichen weiblichen Bevölkerung. Diesem grossen Uebel kann nur durch weibliche Frauenärzte abgeholfen werden. Wendet man den Blick der möglichen Durchführbarkeit dieser von Vielen als nothwendig und ^weck- massig erkannten Institution zu, so scheinen zwei Umstände der Sache günstig, welche ich mich freue mittheilen zu können. Der eine ist der diesjährige Sanitätsbericht für den n.-ö. Landtag, der andere die Anstellung eines weiblichen Frauenarztes in Bosnien durch die dortige Verwaltung.

Erlauben Sie, dass ich das Bezeichnendste und für uns Entscheidendste aus dem Sanitätsberichte für das flache Land in Nieder-Oesterreich vorlese. Dieser Bericht wurde am 7. Januar d. J. dem Landtage vorgelegt. Es heisst darin:

»Im Jahre 1891 wurden an 92 Aerzte Subventionen im Gesammtbetrage von fl. 28.000 vertheilt.

Von den ärztelosen 98 Gemeinden und Gemeindegruppen sind nahezu alle um Subventionen aus dem Landesfond bei dem Landesausschusse eingeschritten.

Die Bewilligung der nöthigen Dotation, um auch nur dem dringendsten Be­dürfnisse abzuhelfen, ist ein Gebot der Nothwendigkeit. In den 1870er Jahren waren noch immer 500G0O Gemeinde-Aerzte ausserhalb des Wiener Polizei-Rayons im Lande Oesterreich u. d. Enns bestellt. Dermalen amtiren nun 887 Gemeinde-Aerzte, während mindesten 485 Gemeinde-Aerzte unerlässlich nothwendig sind, um den sani-