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sichten der Natur mit dem Weibe so klar vorliegen, wie Sie (ich) behaupten, die Stellung der Frau noch bei den meisten Völkern der Erde eine so niedrige, eine der Bibel oder richtiger der Orient-Tradition so entsprechende?«

Hierauf habe ich Folgendes zu erwidernEs ist eine eigentümliche Erschei­nung in der Natur, wie der unbefangene Forscher zugestehen muss, dass das Bessere, die höhere Entwicklungsstufe der W'esen, die auf manchen Stellen der Erde Statt hat, nicht überall zu gleicher Zeit auf ihr erreicht wird. Naturhistorisch ausgedrückt: »Nur in ganz beschränkten Localitäten kommen zuerst bessere Existenzformen, bessere organische Einrichtungen der Lebewesen zu Stande.« So ist es bis jetzt überhaupt nur eine relativ ganz kleine Anzahl von Völkerschaften unserer Erde, welche durch höhere Bildung sich auszeichnen. Diese nun sind es, bei denen vorerst die Weiter­entwicklung der weiblichen Form, des »Weibthums«, gepflegt, oder wenigstens ange­bahnt wird;

Noch schmachten aber auf dem weiten Erdenrunde, ja selbst in vielen soge­nannten civilisirten Ländern, viele Tausende von Frauen in einer Abhängigkeit, in einer Situation, welche weit mehr an die eines vortheilhaften Hausthieres als an die einer stammesgleichen Genossin des Mannes erinnert. Beispiele: Türkei, ja der ganze Orient.

Freuen wir uns daher, d. h. Sie mit mir, dass wir auf einem Erdtheile wohnen, wo dies nicht mehr der Fall ist und hauptsächlich, dass wir, d. h. Sie mit mir und so manchen Männern, die Einsicht haben, dass nur diese Weiterbildung des »Weib­thums« der letzte und eigentliche Wille des Schöpfers mit dem Weibe ist.

Leugnen wir, d. h. Sie und ich, mit aller Entschiedenheit die Behauptung derjenigen, welche sagen, »es sei vom Schöpfer, von der Natur nicht so geplant, wie hier ausgesagt wird«.

Dass die grösste Entschiedenheit hierbei Noth thut, können Sie, Verehrte, aus einigen hier folgenden historischen, in die jüngste Neuzeit fallenden Thatsachen ent­nehmen.

Wenn ein gelehrter Anatom, Bi sc hoff, (f München) in einer Schrift im Jahre 1872 erschienen und den Titel führend; »Das Studium und die Ausführung der Medicin durch die Frau«, sagt: »Die Frau sei zum Studium der Medicin nicht tauglich« und dann sich zu der mehf als groben Aeusserung versteigt; »Es fehlt dem weiblichen Geschlechte nach göttlicher und natürlicher Anordnung die Be­fähigung zur Pflege und Ausführung der Wissenschaften, speciell der Naturwissen­schaften und der Medicin«, wenn, sage ich, ein Mann, der sonst in der Wissenschaft einen der ersten Plätze einnimmt, der die exactesten Untersuchungen besonders über die Entwickelungsgeschichte gemacht hat, wenn ein Mann, der ein langes Leben in unverdrossener, ernster Arbeit zubrachte, ein solches Volum abgibt, »Gott und die Natur habe dem Weibe die Befähigung zur Pflege der Wissenschaften ver­sagt«, so ist wahrlich die grösste Entschiedenheit, die schrankenloseste Energie nöthig, um einem der gewichtigsten Keulenschläge, welche man je gegen das weibliche Ge­schlecht in Europa geführt hat, in verdienter, der Wahrheit allein entsprechenden und naturgerechten Weise zu begegnen.

Ich verweise Sie für Ausführlicheres über diesen Gegenstand auf jene Schrift, in welcher ich diesen ebenso unlogischen als unwahren Ausspruch B i s c h o f fs : »Gott und die Natur etc.« (siehe früher) in verdienter abfälligen Weise beleuchtet habe. Es ist dies meine schon S. 82 erwähnte Schrift: »Einiges über das Gehirn der Wirbel- thiere mit besonderer Berücksichtigung jenes der Frau, 1878 etc.«, in welcher sich