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berichtet: »Gott und die Natur gaben dem Weibe die Befähigung zur wissenschaft­lichen Ausbildung nicht«, so wäre dieses Referat bei der grossen Autorität Bischoffs im Collegium zweifelsohne mit Stimmenmehrheit angenommen worden.

Wer könnte es nun da dem Unterrichtsminister verargen, wenn er, der doch kein Naturforscher ist, und vielleicht nur Frauen ohne wirkliche wissenschaftliche Be­fähigung kennt, einer solchen naturhistorischen Autorität, wie B i s c h o f f, und dem auf ihn sich stützenden Majoritätsvotum glaubte!

Ein Unterrichtsminister kann doch nicht alle möglichen Specialkenntnisse in sich vereinigen, um in allen Dingen auf eigene Anschauungen und Erfahrungen hin zu einem vollkommen unbefangenen Urtheile zu gelangen. Man könnte es ihm also kaum übel nehmen, wenn er, auf ein solches Votum hin wie das Bischoffsehe, jedes Ansuchen von Frauenseite um Gewährung von Einrichtungen für höhere, Gym­nasial- und Facultäts-Studien abschlägig bescheiden würde!

Darum aber habejich mich schon im Jahre 1878 in meiner, S. 32 citirten, streng wissenschaftlichen Schrift und sodann im Jahre 1883 im aus S. 32 erwähnten Essay: »Frauenhirn, Frauenseele etc.« sehr bemüht, die Grundlagen, auf welche hin Bischoff diese Aeusserungen abgegeben hat, zu prüfen und die Frage zu beantworten: »sind die Grundlagen für sie richtig? sind sie vor Allem naturhistorisch, anatomisch richtig oder nicht?«

In der früher angeführten Schrift Bischoffs über »das Frauenstudium« hat er die Beweisführung, auf welche hin er seine Anschauungen über die Inferiorität der Frauen gewonnen hat, in zwei Theile getheilt, in ein Hauptkapitel und in einen An­hang voll mehr nebensächlicher anatomischen Details. Im Ersteren bespricht er die Frage vom Frauenhirne, und bemüht sich, weitläufig nachzuweisen, dass das Frauen­hirn ein inferiores, dem männlichen Gehirne weit untergeordnetes sei.

Auf welche anatomische Thatsachen hin hat er nun dies behaupten können? Ich kann natürlich in einer so kurz währenden Vorlesung, wie die heutige, unmöglich alle Details Vorbringen; ich werde mich nur bemühen, Ihnen das Allerwesentlichste zu bieten, um Sie, zu Ihrem Tröste, von der völligen anatomischen Unrichtigkeit der Bi sc ho ff sehen Aussage zu überzeugen. Was Sie hier hören, können Sie als eine Art anatomischen Fundus instructus über das Frauenhirn aus dem Saale mit sich nehmen, mit der Beruhigung: Ihr Gehirn, d. i. das weibliche, ist ganz genau so or- ganisirt als das Ihres Gatten, falls Sie bereits verheirathet sind, oder als das Ihres eventuell zukünftigen Mannes, wenn Sie einen bekommen sollten. Ihr Gehirn ist ganz ebenso, von Alpha bis Omega, im Grossen und Ganzen wie in allen Einzeln- heiten, in Lage, Form, in derEntwickelungswei.se wie das männliche gebaut, es ist in gar Nichts seh- oder greifbarem vom Manneshirne verschieden.

Wenn ich in meinem früher erzählten Traume der Natur gegenüber auf Ein Gehirn als ein weibliches hingewiesen habe, so that ich dies, ich möchte sagen, aus einer Art Pietäts-Anwandlung für das, was man »gewissenhafte Litteratur-Benützung« nennt. Weil einige jüngere Münchner Anatomen von Neuem die Frauenhirnfrage be­leuchtet und behauptet hatten, es gäbe doch wesentliche Unterschiede zwischen Männer- und Frauenhirn, verfuhr ich im Traume! wie früher erzählt.

Allein es ist denn doch nicht entfernt so, wie die Münchner (voran Bischoff 1872 bis 1881) aussagen.

Bis in die neueste Zeit hat nicht ein einziger Gehirnanatom, nicht Einer be­tone ich, jene Merkmale anzugeben gewusst, durch welche er sicher im Stande wäre,