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Natur dem Weibe wirklich andersartig als dem Manne gegeben hat und die Herr Bi sc hoff auch benützte, im Anhänge seiner früher erwähnten Schrift, um zu zeigen, dass das Weib anatomisch-physiologisch geringeren Werthes als der Mann sei.

Sie werden aber bald einsehen lernen, dass diese Eigenthümlichkeiten durchaus nicht von dem ihnen von Bischoff zugeschriebenen Belange sind. Ein kleines Beispiel: Sie sehen hier zwei verschieden-geschlechtige Oberschenkel;') bei dem männlichen steigt der Hals auf, d. h. ist mit dem Körper des Knochens unter einem sehr stumpfen Winkel verbunden, am weiblichen Oberschenkel ist hingegen der Hals weit mehr quer gestellt, d. h. er geht vom Körper unter fast rechtem Winkel ab. Hieraus resul- tirt, dass die beiden Oberschenkelknochen (der rechte und der linke) beim Weibe an ihrem oberen Ende (in der Hüftgegend) weiter von einander abstehen als beim Manne, und die unteren, die Knie-Enden, daher einander näher kommen als beim Manne. Alle Frauen sind mithin mehr oder weniger knie-eng.

Soll dies nun etwa ein Grund dafür sein, dass die Frauen nicht lateinisch lernen können, wie Bischoff will?!

Die Frau hat, wie weiter behauptet wird, noch andere kleine, meist nur auf Grössen­verhältnisse sich beziehende Eigenthümlichkeiten des Skeletes, die auch beweisen sollen, dass der Frau von Natur aus eine andere geistige Stellung zukomme als dem Manne.

Wir haben jedoch heute nicht Zeit, die betreffenden Details hier vorzubringen, und es

ist dies auch nicht nöthig, weil die sogenannte Inferiorität des weiblichen Knochensystems nur zu vielfach auch an männlichen Skeleten aller Völkerstämme zu finden ist: ich brauche z. B. nur an die vom Volke sogenannten »kleinen Männer oder Manderln« zu erinnern.

Damit Sie aber erfahren, was Bischoff weiter noch gegen die Frauen

von anatomischen Differenzen zwischen ihnen und dem Manne aufzählt, will ich die

wesentlichsten dieser einzelnen Unterschiede kurz vorführen.

Von den Sinnen sagt B.: »sie sind beim Weibe weniger ausgebildet«. Also, laut B.ischoff, sind Auge, Ohr, Geruch, Geschmack und Getaste bei der Frau we­niger entwickelt als beim Manne. »Doch.« fährt Bischoff fort, »sind sie empfänglicher«. Also weniger ausgebildet und trotzdem empfänglicher! Ich citire diese Aeusserung, um zu beweisen, welcher anatomische Unsinn schon in Frauensachen selbst von an­erkannten Gelehrten geschrieben worden ist. »Die weiblichen Augen sind flacher, sanfter und zarter.« (Bischoff.) Nun gibt es viele weibliche Augen, die gar nicht zart, gar nicht sanft und gar nicht flach sind, und wieder andere, die die genannten Eigen­schaften wirklich besitzen; so aber bei Frauen und bei Männern.

»Die Ohren sind länglicher und zarter.« (Bischoff.) Nun, wenn ich meine sehr reiche Sammlung von Ohren-Photographien hier hätte, könnten Sie leicht aus ihr ent­nehmen, welche Merkwürdigkeiten bezüglich der Ohrformen, hei Frauen wie bei Männern zu gewahren sind. Ich kann nur versichern, dass sehr viele weibliche Ohren nichts­weniger als zart sind. Schauen Sie sich nur einmal in der Tramway die weiblichen Ohren an und erinnern Sie sich an das eben Gesagte. Es gibt aber auch Männer mit schönen kleinen Ohren, während die Mehrzahl der Frauen, ja, die Mehrzahl der Frauen, keine solchen hat. Erst jetzt, seitdem 'die Mädchen sich der Wildemann- Gewohnheit, Ohrgehänge ( der Titel ist ganz richtig, Gehänge an den Ohren) zu

') Prof. B. zeigt hier zwei Oberschenkelknochen von erwachsenen Menschen (die Redaction).