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Es werden noch einige Organe von I5i sc ho ff angeführt, die ich hier nicht nenne, weil die angeblichen Differenzen gar zu unwesentlich sind.

Am Schlüsse dieser Aufzählung sagt Bise hoff: »Man sieht aus meiner Ver­führung, dass alle Organe des Weibes niedriger (?! Brühl) angelegt sind als beim Manne«. Aus meiner eben gegebenen Revision der B i sc h o ff sehen Aussagen werden Sie wohl ersehen haben, dass diese letzte Aeusserung Bi s ch of f s gleich unwahr wie lächerlich und verläumderisch ist.

Wir wollen uns . nun ein wenig näher über die Bedeutung, Stellung, Aufgaben und Rechte der Frau unterhalten. Die Bedeutung der Frau im Haushalte der Natur kann ich Ihnen leider nicht so in extenso darlegen, wie ich es gerne möchte, theils wegen Zeitmangels, theils aus Besorgniss, verkannt zu werden. Ich würde leicht enthusiastisch werden und, die Rolle eines Naturforschers überschrei­tend, in jene des Poeten verfallen.

Der Grund hiefür liegt in meiner Anschauung über das »Weibthum« in der Natur. Ich habe schon in der Einleitung unserer Vorlesung darauf hingewiesen, dass aus ihm alle höheren Existenzformen hervorgehen, welche wir auf der Erde bewundern. Wenn man also von der naturhistorischen Bedeutung desWeibes spricht, so kann man das Weib vor Allem mit Recht als das Mütterliche in der Schöpfung bezeichnen. Denn Alles, was da war, war zunächst weiblicher Art. Alles, was sich dann weiter ent­wickelte, stammt aus der we i b 1 i c h e n Form, und Alles dies ist um so vollkommener, je mehr schon die weibliche Grundform entwickelt war. Darum ist es angezeigt, dass sich die Form Frau höher entwickle, weil sie der Ausgangspunkt aller höheren Formen, zunächst der männlichen, zu sein bestimmt ist.

An diese Wahrhe i t knüpfe ich nun zunächst folgende, wohl zu beherzigende Betrachtung. Was ich nämlich hier in Bezug auf die Stellung der Frau sagen will, gilt nicht etwa von der b ü rg e r 1 i c h e n Stellung. Ich habe hier nur die Stellung des Weibes als Naturgeschöpf im Auge, die nach meiner Meinung die erhabenste ist, die ein Geschöpf von der Natur erhalten konnte.

Die bürgerliche bisherige Stellung der Frau ist aber leider durch ganz andere Momente als durch die naturhistorisch zu begründenden gegeben. Eines dieser geltenden Momente beruht z. B. eben auf der herrschenden Meinung, dass das Weib schon physisch dem Manne untergeordnet ist, weil es, nach Bischoff, von der Natur viel stiefmütterlicher bedacht wurde. Wenn aber diese Behauptung nicht wahr ist, wie ich entschieden lehre, dann ist auch die wesentlich mit darauf begründete bürgerliche Stellung der Frauen unhaltbar und unbegründet.

Es kann im Rahmen meiner nur noch kurzen Vorlesung nicht gut dargethan werden, w'elche die eigentliche Stellung der Frau im bürgerlichen Leben sein soll und kann. Ich will lieber Sie hiefür auf das treffliche Buch von John Stuart Mill »Die Hörigkeit der Frau« verweisen. Wohl möchte ich nun wissen, wie viele von den Anwesenden dieses Buch selbst nur dem Namen nach kennen, und w r ie viele von Ihnen es wirklich gelesen haben!

Dieses Buch ist es, das zu allererst das litterarische Fundament geschaffen, auf dem alle weiteren Bemühungen zur Verbesserung des Frauenloses fussen können, und dieses Buch ist, wie ich aus Ihrem Stillschweigen auf meine obige Frage entnehme, Ihnen unbekannt! Sie kennen eben leider die einfachsten Hilfsmittel nicht, die Sie als Frauen zur Verbesserung Ihrer Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft interessiren sollten.