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Noch ein weiteres Beispiel Ihrer Unbekanntschaft mit Ihren litterarischen Hel­fern ! Hat Jemand von Ihnen ein Buch eingesehen, das ein schon lange verstorbener Mann über die Frauen geschrieben hat, der Deutsche Hippel? Theodor Gottlieb von Hippel, Dr. juris und musterhafter Bürgermeister von zuerst Königsberg und dann Danzig, geh. 1741, gest. 1796, hat zwei Schriften veröffentlicht, in denen er nur das Beste für und von Frauen ausgesagt hat. Obwohl er aber nur für die Frauen geschrieben, hat er doch keine geheirathet!; sapienti sat.

Das eine Buch H.s führt den Titel: »Ueber die Ehe«, das zweite: »Ueber die bürgerliche Verbesserung der Weiber«. Lesen Sie diese zwei Schriften; Sie werden von ihnen auf das Höchste befriedigt werden; lesen Sie aber vor Allem das Meister­werk des Engländers Mill: »Die Hörigkeit der Frau«. Es enthält eine Fülle sehr wahrer, wirklich erhabenen Gedanken, bezüglich Alles dessen, was Leben, Stellung, Entwickelung und Rechte der Frauen betrifft. Mill ist es auch, der zuerst von der Schwierigkeit spricht, wahrhaft physiologische Unterschiede zwischen Mann und Frau nachzuweisen. Mill ist es, der den Muth hatte, seinen Landsleuten ganz unumwunden zu sagen, die Frau stehe in England in einem Verhältnisse zum Manne, welches ihr gar nicht erlaubt, sich weiter zu entwickeln und das zu werden, was sie natur- und gerechtigkeitsgemäss werden sollte. Die Frauen, meint Mill, sind bisher nur Genos­sinnen der Männer, aber nicht deren Gefährtinnen; deshalb sucht der Mann ganz vergeblich Interesse und Empfänglichkeit für sein Schaffen und Wirken bei ihnen. Dies ist, wie sehr nachdrücklich hier gesagt werden soll, auch wirklich der Krebs­schaden der Frauen-Stellung und Geltung. Er besteht aber nur deshalb, weil den Frauen die Vorbedingungen zur Einsicht, die allein zum Verständnisse der Mannesaufgabe führenden Kenntnisse fehlen. Das Kapitel von den für Männerberufe verständnisslosen Frauen ist allein schon ein Gegenstand, über welchen man viele Stunden lang sprechen könnte. Ich verweise Sie nochmals auf M i 1 ls Buch; Sie werden daraus in höchst überzeugender Weise entnehmen können, was Sie werth sein könnten, wenn Sie wollten! Wie Sie, die hier gegenwärtigen Frauen, sind, kann ich selbstverständlich nicht beurtheilen. Jede aber von Ihnen frage sich: was bin ich meinem Manne oder irgend einem Manne? Folge ich dessen Ideen? Bin ich im Stande, ihn auf die Höhe dessen zu begleiten, was er als Lebensziel betrathtet?

Wenn ich früher hier gelehrt habe, dass Sie, meine Damen, ein Gehirn be­sitzen, welches anatomisch gerade so viel werth ist, als jenes der Männer, so habe ich dies nicht entfernt in erschöpfender, anatomisch-demonstrativer Weise darthun können, ja Sie haben nicht einmal den kleinsten Theil jener Details zu hören und zu sehen bekommen, welche zur Erhärtung meiner Behauptung nothwendig gewesen wären. Ich muss mich darauf verlassen, dass Sie mir glauben!

Ich habe den richtigen und allein wahren Lehrsatz (trotz Bi sc hoff und Consorten) über Ihr Gehirn nur darum verkündet, um Ihren Muth zu stärken, ja Sie moralisch zu zwingen, das Ihnen von der Natur gegebene Pfund, eines in jeder Be­ziehung dem männlichen gleich gut organ isirten Gehirns, zu benützen und zu verwerthen, durch Erwerbung von Kenntnissen.

Leider sind aber sehr viele Frauen nur Feinde ihres eigenen Geschlechtes be­züglich einer höheren geistigen Entwickelung. Ja, das Weib hat in der That keinen schlimmeren und verbisseneren Gegner als sein eigenes Geschlecht. Die Mehrzahl der Frauen, ich habe hier nur die besser situirten im Auge, glauben leider, wenn sie das thun, was Maschinen viel besser leisten, was die unwissendste Magd,