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»ordneten Dingen, nur die Menschen, d. h. hier die Männer, und nur sie allein »und nicht die Natur das Frauengeschlecht zu dem gemacht haben, was es vor­läufig noch grösstentheils ist.«

Ich behauptete daher 1883 und behaupte jetzt weiter: »Eine entsprechende Be' »handlungdes weiblichen Gehirnes durch Erziehung, Unterricht, Einführung das Selbstver- »trauen stärkender socialen Verhältnisse und Aehnliches durch eine hiemit auch »naturhistorisch gegebene Weiterentwicklung der weiblichen Gehirn- »zellen, speciell ihres Grosshirnes, wird zeigen und hat schon genügend in »der Neuzeit gezeigt, dass das weibliche Gehirn ganz ungemein leistungs- »fähig ist, ja in manchen Leistungsbeziehungen sogar jene des »Mannes übertrifft.«

Ich schalte hier eine cursorische Bemerkung ein, die mir sehr am Platze scheint. Wenn Sie, meine Damen, auch Roman-Lecture pflegen, werden Sie mehrfach heutzutage weibliche Leistungen in diesem Litteraturzweige finden, besonders auf deutschem, auch österreichischem, englischem, dänischem, schwedischem Markte, welche kaum in gleichem Reize und gleicher Feinheit psychologischer Beobachtung, besonders der Frauenwelt, von Männergehirnen hervorgebracht worden sind.

Ich lasse nun die wichtigsten Schluss-Mahnungen meines Resumes von 1883 folgen: »Auch ist es, wegen des ungeheueren Einflusses, den die Menschen- »mütter organisch! auf das ja von ihnen allein zur Reife gebrachte Menschen- »geschlecht laut sicherer und wahrhaft natürlicher Anordnung, nehmen »müssen, auf dieses gewiss zur höchsten Entwicklung prädestinirte Menschen- »geschlecht! ich sage, es ist viel wissenschaftlicher und näher liegend, die »grösste Entwickelungsfähigkeit des Frauenhirnes als Absicht (ler »Natur anzunehmen, als das Gegentheil, wie die Frauenfeinde (Bi sc ho ff und Con- »sorten) vorgeben. Ja, diese erstere Annahme (die Absicht der Natur für die grösst- »möglichste Entwickelung des Frauenhirnes) ist, im Angesichte der heutigen Kenntnisse »über Entwickelungsgeschichte der Lebewesen, geradezu ein wissenschaftliches »Postulat!«

Ich stellte daher 1883 schliesslich das Dogma auf: »Die Naturwissenschaft »verwirft also nicht die Frauen als Hauptwerkzeuge ihres Fortschrittes, wde dies »die Gegner meinen, sie fordert sie vielmehr unbedingt als unent- »behrliches Mittel für ihn.. Vergeblich wird der Egoismus der Einen Menschen- »hälfte sich gegen diese Forderung der Natur stemmen. Diese dringt, wenn auch oft auf »langen Umwegen, doch durch, und die Mauerbrecher hierzu sind immer Anfangs nur »durch einzelne Vorkommnisse und Erscheinungen gegeben.«

»Mögen,« so lasse ich mein Resume von 1883 austönen, »die gesagten »Worte auf die Leser, und Hörer füge ich heute hin?u, einen solchen Eindruck »gemacht haben, dass Sie Alle solche Mauerbrecher, wie eben besprochen, werden, »indem Jeder von Ihnen in seinem Kreise zur praktischen Geltung zu bringen suche, »was die anatomische Theorie für das Weib fordert: gleiches Gehirn, »gleiche Seele, gleiches Recht!«

Ich bin mit meinen Citaten, die Sie als Fahnenrufe bei Ihren Bemühungen für den Frauenfortschritt betrachten mögen, zu Ende und Sie werden mit Ihrer Geduld ob der langen Vorlesung zu Ende sein. (Rufe: Nein, nein.) Diese Rufe sind zwar einladend, allein man kann eben nicht jeder Einladung folgen, darum will ich trachten, zu Ende zu kommen.