Es wäre, nebst vielem Anderen, vor Allem an das Gesagte noch eine Aus­lese von Vorschlägen zu knüpfen, welche für die Frauen eben das von Ihnen für Sie gewünschte gleiche Recht für Lehre und Menschenstellung ermöglichten, die Sie also befähigten, das zu erreichen, was ich von ganzem Herzen für Sie herbeiführen möchte. Da ich aber hier heute in einem Frauenvereine spreche, der zunächst ein ganz bestimmtes Vervollkommnungsmittel, die Errichtung eines Mädchen-Gym­nasiums, verfolgt, möchte ich nur hierüber noch einige Worte sagen.

Wenn ich in dieser Angelegenheit mit Ihren Plänen nicht ganz übereinstimme, so nehmen Sie mir dies nicht übel. Ich betrachte es als wesentliche Redneraufgabe, in ernsten Dingen keine Koncessionen zu machen, die der Ansicht des Redners wider­sprechen würden. Auch haben Sie den Trost, denken zu können: wenn er (d. h. ich) draussen ist, machen wir es doch, wie wir wollen! Nun, Sie, meine geehrten Damen, wollen ein Mädchen-Gymnasium! Was will das Wort »Gymnasium« im wahren Sinne des Wortes aber sagen ? Ich gehe nicht auf die Bedeutung der alten, griechischen In­stitution »Gymnasium« ein, in der von Bewegungen weit mehr als von Wissenschaften die Rede war, ja von Ersteren meist ausschliesslich.

Was ist der eigentliche Grundcharakter und Zweck unseres der maligen Knaben-Gymnasiums ?

Der einer Anstalt zur Erlernung der sogenannt klassischen Sprachen, d. i. der lateinischen und altgriechischen. Dass diese Erlernung, und nur sie, der wahre Stempel des »Gymnasiums« sei, geht daraus hervor, dass Lehranstalten, welche die vortrefflichsten und wirklich, nicht illusionär, nützliche Kenntnisse ihren Schülern mit­theilen, bei W ; eglall des Vortrages über alte Sprachen, niemals Gymnasien heissen und heissen »dürfen«.

Hier drängt sich nun sogleich die Frage auf: istdie Erlernung dieser todten Sprachen für eine wahrhaft höhere Bildung unerlässlich oder wenigstens nothwendig? Ehrliche Antwort: ja. Ist sie aber in der Art, dem Umfange und der Nutzanwendung nothwendig, wie sie an unseren Knaben-Gymnasien geschieht? Ebenso ehrliche Ant­wort : nein, und dreimal nein!

W 7 enn mir das Schicksal vergönnt hätte, meine officiöse Thätigkeit im Unter­richtsministerium Feuchter sieben (die leider nur vom Mai bis October 184S dauerte) weiter entwickeln zu können, so stünde es, dessen kann ich Sie versichern, mit der Gymnasien-Beschaffenheit in Oesterreich heute ganz anders! Leider aber war Feuchtersieben schon im December 1848 durch Entlassung ausser Amt und starb bald darauf. Mit ihm schwand auch für mich alle weitere Möglichkeit, in jener und aller nachherigen Zeit, fördernd auf das Unterrichtswesen in Oesterreich wirken zu können. Hätte das Schicksal nicht ein derartiges unabänderliches Veto gegen meine Wirksamkeit im Jahre 1848 eingelegt und dann im Jahre 1859 wiederholt (Graf Thun's Demission), so wären nicht nur viele Universitäts-Angelegenheiten ganz anders geordnet worden (1859), als sie es dermalen sind, wir hätten auch schon seit 1848 ganz andersartige Knaben-Gymnasien und dazu auch Mädchen-Gymnasien, seit 44 Jahren!

Ueber den Lehrplan dieser, schon 1848 von Feuchtersieben und mir ins Auge gefassten Mädchen-Gymnasien bezüglich der klassischen Sprachen hier noch ein W T ort. W 7 as wir damals beabsichtigten, hat noch heute, 48 Jahre später, seine volle Berechtigung; daher einiges Nähere.

Wir haben, 1848, nicht im Entferntesten beabsichtigt, dass die Mädchen etwa