rhythmischen Gang. Diesen Gang haben in Tiflis viele Schönheiten in französischen Schuhen verloren. Die Georgierin pflegt sehr ihre Hände; eine einfache Dortschöne sitzt am Fenster vor einem Stück Spiegel und reisst erst mit einer kleinen Zange aus den Augenbrauen alle überflüssigen Haare, die nur im mindesten ausser der schönen Form stehen, und dann feilt und putzt sie an ihren Händen, dass es Staunen erregt; trotzdem wäscht und kocht sie, freilich nicht mit der eigentlichen Lust und Sorge, wie es die deutsche Frau so gründlich, die französische / so graziös und ge­schickt zu thun wissen, aber alles kann doch nicht der »bitscho« besorgen, der arme Junge kommt so nie zum Schlafen.

Wer er ist der »bitscho« ? Gott weiss, woher er kam. Eines Tages ist er da. Eltern hat er keine gehabt, aber immer hat er einen »Onkel«. Dieser Onkel kommt am Ende des Jahres und holt sich den bedungenen Lohn von 30 Rubel, den der bitscho abdient. Weitere Pflichten, glaube ich, hat der »Onkel« nicht. Bitscho stellt den Samowar, wäscht Geschirr, bettet das Bett und bürstet den Fussboden, er legt das Kind trocken und treibt die Schafe heraus aus dem Dorf, er holt Pulver für den Hausherrn und füttert die Hunde, er lauft in den Bazar und kocht Chomi (Grütze) daheim, er steht an der Thür und bewundert seine Herrin, wenn sie ihr Sonntagskleid anzieht, er schnitzt Pfeifen und macht einen Heidenlärm mit den Hühnern. Der bitscho ist das gebrauchteste Wesen im Leben und das gebräuchlichste Wort in der Rede der Georgier; Bitscho kann alles, wird für alles bestraft und darf, wenn Gäste da sind, einen Trinkspruch sagen und auf das Wohl der Anwesenden ein Büffelhorn austrinken. Er wird langsam gross und wenn er gross ist, sagt er dem grossen Mädchen, dass er einst trocken gelegt »Du« und trägt ihr Nüsse und Kewi (eine Art Harz für den Glanz der Zähne) heimlich in den Garten. Er beti achtet sie als Schwester und wäre sehr erstaunt, wenn man ihn fragen würde, wieso er einem so grossen Mädchen, dass doch nicht seinem Stande angehört, »Du« sagt.

Aber nicht nur ihre Hände und Zähne pflegt die Georgierin, sie legt- auch viel Sorgfalt in ihre Toilette. Die Tracht der Georgierin, wie sie jetzt allgemein ist, besteht aus einem glatten und sehr weiten Rocke, der meist schleppt. Ein fest anschliessender Leib ist über der Brust handbreit geöffnet über einen bunten Einsatz und wird über diesem bis an die Taille kreuzweis verschnürt. Von derselben Farbe und Material des Einsatzes ist der Gürtel, der vorne in zwei lange Band­enden ausgeht, die bis zum Rocksaum herabfallen müssen. Die Georgierin trägt im Dorfe Strümpfe und tschusti, d. i. weiche Lederschuhe; in der Stadt natürlich hat sich bereits die allwärts herrschende Mode der französischen Schuhe breit gemacht, aber noch immer findet sich keine wirkliche Georgierin oder Kartvelin, die einen Hut aufsetzen wollte. Sie tragen gestickte, dreieckige Schleier, die oft sehr kostbar sind und originell über den zwei herabhängenden Zöpfen angenadelt werden.

Die Tracht ist malerisch und sehr coquett, in früherer Zeit trugen die Frauen unter dem Oberkleid nach orientalischer Sitte weite seidene Beinkleider. Die schlanken Gestalten der Frauen, wenn sie sich schaaren bei Volks- und Religionsfesten, die kleinen wohlgeformten Köpfe auf den geschmeidigen Schultern wiegend, in der har­monischen Tracht der Voreltern mit den langen, wehenden Spitzenschleiern über der .Stirn, sind wie wandelnde, poetische Illustrationen anzusehen, zu den süssen Strophen ihrer heimischen Lieder.

Die Kartvelierin ist musikalisch; fast alle spielen die Guitare oder Dschon- guri, ein Instrument (fünfsaitig), dass der Laute ähnelt, sie schlagen die Daira (eine