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Wie es als Beweis der zunehmenden Popularität des Vereines im Auslande angesehen werden darf, dass Besucher wie die Schriftstellerin Frl. Alten und Frl. Baum, Mitglieder des Frauen Vereines „Reform“ aus Deutschland, Prof. Dr. Petrov aus Petersburg vorsprachen, so mögen die seit dem Bestehen des Vereines häufig gewordenen Nachrichten zur Frauensache in österreichischen und Wiener Blättern, die auch heuer wie im Vorjahre erschienenen Artikel und Feuilletons Zeugnis geben von der nicht ohne Erfolg betriebenen Agitation des Ausschusses und einzelner rühriger Mitglieder. Es erschienen die Feuilletons: „Weibliche Aerzte“ von Emil Mariot am 3. Jänner d. J. im „Neuen Wiener Tagblatt“; ein Referat in Feuilletonform über unseren Jahresbericht von A. Mayer im „Gmundener Wochenblatt“ ; „Schadet Emancipation der Liebe?“ von U. D. am 25. und 26. Juni im „Wiener Tagblatt" ; „Die Frau in Russland“ von Fr. Sof. Daszynska am 22. Juli in der „Deutschen Zeitung“. Ausserdem brachten sowohl die Wiener, als auch zahlreiche Provinz-Journale längere Excerpte aus den im Verein abgehalteuen Vorträgen.
Einen bedeutsamen Schritt nach vorwärts erblickt der Ausschuss in der Ueberreichung der Petition, welche vom Reichsrath in dem Sinne eine Abänderung der einschlägigen Gesetze zu erwirken trachtet, „dass den Frauen unter denselben Bedingungen wie den Männern das ordentliche Universitäts-Studium an der philosophischen und medicinischen Facultät nicht verwehrt, die Erlangung von akademischen Würden an inländischen Hochschulen ermöglicht uud die Bewerbung um Lehrkanzeln an höheren Unterrichts-Anstalten für Mädchen, sowie die Ausübung’der ärztlichen Praxis als Frauen- und Kinderärzte in den Ländernder österreichischen Monarchie, namentlich in den Ländern deutscher Zunge, gestattet werde“. Zugleich wurde um Förderung der bereits in Angriff genommenen Gründung eines Mädchen- Gymnasiums seitens der k. k. Regierung angesucht. Das Schriftstück fand die warme Zustimmung der während des Vereinsabends am 13. Mai der Verlesung beiwohnenden Mitglieder und die ungetheilte Anerkennung der Wiener Presse. Das „Wiener Tagblat.t“ vom 20. Mai veröffentlichte, einbegleitet von dem Leitartikel „Selbst ist die Frau“, die Petition im Wortlaute und fügte die Namensliste sämmtlicher Mitglieder bei. Der Hausfrauen-Verein, der Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen, der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, der Pensionsverein der provisorischen uud privaten Lehrerinnen und der Verein der Musiklehrerinnen hatten sich bereitwillig angeschlossen und es konnte sonach der Abgeordnete Doctor Jaques am 7. Mai im Namen von 3644 Mitgliedern die Petition auf den Tisch des Hauses niederlegen. Nicht mit Unrecht darf in dem Beweise kaiserlicher Huld, welcher unserem Ehrenmitgliede Fr. Dr. Rosa Kersch bäum er die Ausübung der medicinischen Praxis, als der erst.enAerztin in Oesterreich, gestattet, der Anbruch einer schönen Zukunft für die Sache der studirenden Frauen Oester-
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