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Das Leben des Studenten erhält sein Gepräge durch verschiedene Fae- toren. In erster Linie ist er nach dem vielcitirten Ausspruvhe einer der Wiener klinischen Koryphäen »Student kommt her von Studiren« Jünger der Wissen­schaft Er ist aber auch akademischer Bürger, Commilito, Schüler seiner Lehrer, Mitglied der Gesellschaft.

Wie gestalten sich nun in Zürich diese Verhältnisse für die Frau?

Es war zu Beginn des Wintersemesters 1864/65, als sich die Pforten der alma mater Turicensis zum erstenmale einer Frau öffneten. FrauNadejda Sousloff aus Petersburg gelang es, sich die Inscription in die medicinischo Facultät zu erwirken. Schon ein halbes Jahr darauf fand sie in ihrer Lands­männin Frau Kochenareff eine Collegin, und im Sommersemester 1878 war die Zahl der weiblichen Studirenden auf 114, darunter 25 der philosophischen Facultät angehörig, gestiegen. Im vergangenen Wintersemester betrug sie 73, nachdem sie inzwischen infolge eines kaiserlich russischen Ukas noch unter dem Regime Gortschakoff beträchtlich gesunken war.

Die Erschliessung der Hörsäle für weibliche Studenten ist auch in der Schweiz nicht ohne Kampf abgegangen. Mein hochverehrter Lehrer, Prof. H. v. Meyer, hat mir oft von jenen Senats- und Facultätsdebatten erzählt, in denen seinem vorurtheilsfreien »Versuchen wirs« gewiss kein geringer Antheil an der endlichen Errungenschaft zugefallen ist. Heute steht der weib­liche Züricher Student als vollberechtigter akademischer Bürger neben dem männ liehen, und weder Senatsbeschlüsse, noch Studentenpetitionen vermögen ihm seine sichere Position zu rauben. Es stützt sich diese Position auf gutes Zürichsches Recht.

Die Immatriculatiou einer Frau an der Züricher Hochschule ist an die­selben Bedingungen geknüpft wie diejenige des Mannes, nur dass für die Cantonsbürgerin, welcher nicht wie dem Cantonsbürger der Besuch des Gym­nasiums offensteht, der Erziehungsrath diejenigen Anstalten namhaft macht, deren Entlassungszeugniss zur Inscribirung berechtigt. »Nichtcantonsbürger, sowohl männliche als weibliche« und es rangiren in diese Classe auch die Ausländer »welche als immatriculirte Studirende an der Hochschule Vor­lesungen hören wollen, haben dem Rector zu Händen der Hochschulcommission vorzulegen:

1. einen amtlichen Ausweis über das zurückgelegte achtzehnte Alteisjahr

2. ein genügendes Sittenzeugniss;

3. Ausweise über den Besitz von Kenntnissen, welche den in den Prü­fungsbestimmungen geforderten Leistungen entsprechen, und zwar durch Zeug­nisse in- oder ausländischer höherer Bildungsanstalten.

Die Hochschulcommission entscheidet, auf Gutachten des Rectors, über die Hinlänglichkeit der vorgelegten Ausweise; findet sie dieselben nicht ge­nügend, so hat der Bewerber um die Im matriculation sich einer Zulassungs­prüfung zu unterziehen.«

Diese Zulassungsprüfung ich möchte dies ganz besonders betonen, da im Auslande vielfach Missverständnisse hierüber obwalten berechtigt lediglich zur Immatriculatiou und einer späteren Doctorpromotion. Wer eine eidgenössische Fachprüfung bestehen, z. B. das Diplom als praktischer Arzt erwerben will, hat den Nachweis über vollständig und befriedigend absolvirte