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Pflegen und welche dem nationalen Leben nahe liegen, vorzugsweise zu berücksichtigen. In erster Linie sind esSchiller's Gedichte", welche auf ungesuchteste Weise die Anknüpfung an die religiöse Lebensauffassung zulassen; ebenso Lessing'sMinna von Barnhelm", sowie Rückert's und Uhland's Gedichte, welche dem Zwecke ent­sprechen.

Daß derartige Erläuterungen die beste Grundlage für den deut­schen Aufsatz bieten, liegt aus der Hand.

Die nächste Bedingung für eine Gewandtheit im schriftlichen Gedankenausdrucke ist die Gewandtheit im mündlichen Ausdrucke. Der Weg zu beiden aber ist einzig und allein fleißige Uebung, in der die Förderung der Selbständigkeit der Schülerinnen Hauptsache bleibt. Wir unterscheiden bekanntlich drei Hauptstufen in der Be­handlung des Aussatzes, welche nach einander auftreten. Die wich­tigste ist die bis jetzt am meisten vernachlässigte erste Stufe. Es ist diejenige, auf der die vorgelegten Muster nicht nur dem Stoffe, son­dern auch der Form nach von den Schülerinnen treu wiederholt werden. Auf der zweiten Stufe wird der Stoff wiederholt, die Form aber von dem Schüler selbst gefunden. Die letzte Stufe ver­langt endlich Stoff und Form des Aufsatzes möglichst selbständig von den Schülerinnen.

Die große Noth, welche der Aufsatz Schülerinnen und Lehrern bereitet, liegt in verschiedenen Ursachen. Nur zu häufig trägt die unrichtige Wahl der Themata selbst die Schuld; oft aber wird ein zu hoher Grad produktiver Kraft bei den Schülerinnen vorausgesetzt, welcher nicht vorhanden ist. Was den Stoff betrifft, so muß der­selbe in einer Fülle und Klarheit gegeben werden, die denselben mit Leichtigkeit überblicken läßt, so daß auf der Mittelstufe der ganze Fleiß der Form der Darstellung zuzuwenden ist. Geschieht dies nicht, so liegt die Gefahr nahe, daß die Mädchen ihre Zuflucht zur Phrase nehmen und in dieser zur Unwahrheit gedrängt werden. Außerdem gibt es für die obere Stufe eine Menge von Dingen, welche dem Unterrichte der Mädchen weniger nahe liegen, und die doch zur allge­meinen Bildung wesentlich beitragen, z. E. gewisse Zweige der Natur­wissenschaft, der Geologie, sowie Belehrungen über Handel, Ge­werbe, Ackerbau rc. Aus diesen und ähnlichen Gebieten bestimmte