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Die Beobachtung der Hauptregeln, welche zur Bildung eines guten Tones gehören, beziehen sich auf die Haltung des Kör­pers, auf die Stellung des Mundes, und auf die Athmung der Lungen.

Die folgende Stufe, welche etwa das Kindesalter zwischen 912 Jahren berücksichtigt, hat vorzugsweise den Zweck, die Schü­lerinnen zu befähigen am Gemeindegesange in'der Kirche thätigen Antheil nehmen zu lassen, außerdem aber leichtere Volkslieder, auch wohl zweistimmige, einzuüben. Die Einübung und Benutzung der Tonzeichen, die Bezeichnung und Anwendung der Pausen und Takt­arten, sowie der gebräuchlichsten rhythmischen und dynamischen Kunstausdrücke ist hier am Platze.

Mit der Erreichung dieses Zweckes wird unter gewöhnlichen Verhältnissen der Unterricht in der Volksschule abschließen. Das Ziel desselben in der höheren Töchterschule geht weiter hinaus.

Die letzte Stufe des Gesangunterrichts, welche Mädchen von 1216 Jahren einschließt, beschäftigt sich vorzüglich mit dem mehr­stimmigen Gesänge. Wenn schon auf der zweiten Stufe die Auf­fassung des Accordes, zunächst des Dreiklanges, angebahnt wurde, so wird doch hier im mehrstimmigen Satze die Geschicklichkeit des 'Richtig- und Reinsingens, des Treffens und vom Blatt Singens, sowie des künstlerischen Vortrages im höheren Maße angestrebt werden und somit die Bildung des Geistes nach gewisser Richtung befördert.

Den Uebungsstoff liefert der Choral, der figurirte geistliche, und Volksgesang.

Ein gründlicher Unterricht unter kunstsinniger Leitung ist aber nur dann gewährleistet, wenn der sonst practische Gesanglehrer ein gewisses Maß theoretischer Kenntnisse auszuweisen vermag. Außer­dem erscheint es rathsam, die Violine, als das am geeignetsten be­fundene Instrument, bei den Gesangübungen zu benutzen. Wird nach den vorbezeichneten Gesichtspunkten der Gesangunterricht ertheilt, so wird der Gesang seine, das Gemüth veredelnde Kraft äußern.

*) Denn:Gesang verschönt das Leben,

Gesang erfreut das Herz,

' Ihn hat uns Gott gegeben

Zu lindern Sorg' und Schmerz."