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Hinfichtlich der Sinnesorgane unterfcheidet fich ein wohlgebildetes weibliches Auge von einem wohlgebildeten männlichen nicht nur durch einen kleineren Augapfel, fon- dern auch durch mehrere Abweichungen in der äufseren Form. Das weibliche Auge ift flacher, fanfter und zarter, als das männliche; der Hautwulft der Augenbrauen ift flacher und rundlicher, die Haare dafelbft find fchwächer, kürzer und dünner. Ein vollkommen ausgebildetes äufseres weibliches Ohr hat ein länglicheres, zarteres und dünneres Ansehen als das männliche. Das Geruchsorgan ift kleiner und weniger entwickelt; eine grofse Nafe ift feiten bei Wei­bern. Die Zunge des Weibes ift kleiner und die Gefchmacks- wärzchen, befonders die wallförmigen, find nach Sömmering nicht fo grofs als bei dem Manne.

In Bezug auf die Sinnes-Eindrücke ift das Weib viel reizbarer als der Mann und alle äufseren Reize wirken heftiger. Sein Auge erträgt nur einen geringeren Lichtreiz. Ein ftarker Schall oder fehr geräufchvolle Mufik find den Wei­bern unangenehmer als den Männern. Starke und durch­dringende Gerüche afficiren fie heftig, bewirken Kopfweh, Schwindel, Uebligkeiten und krampfhafte Zufammenziehun- gen. Der Gefchmack der Weiber ift feiner, fie lieben weder Speifen noch Getränke, die fleh durch einen fcharfen Ge­fchmack auszeichnen, und den Männern angenehm find. Der Taftflnn der Weiber ift feiner und fie unterfcheiden leichter taftbare Körper als der Mann. Die Leichtigkeit der Uebertragung der Nerven-Erregung in den Central- Organen, die fogenannte Reflexthätigkeit, ift bei den Wei­bern viel gröfser, als bei dem Manne. Es zeigen fleh da­her bei jenen viel öfter fogenannte confenfuelle und fym- pathifche Erfcheinungen fowohl im gefunden als kranken Zuftande, als bei den Männern.