Die Erkenntniß dieses chemischen Borgangs führte zur Schnellessig-Fabrikation, die das frühere Verfahren der Essig- bereitung aus Malz fast ganz verdrängt hat, da man auf diese Weise den Essig nicht nur außerordentlich leicht, sondern auch schnell gewinnt. Man erhält in wenigen Stunden ein Fabrikat, wozu man sonst Wochen und Monate Zeit bedurfte, und des­halb ist der Essig jetzt auch viel billiger, als früher.

Die Schnellessigfabrikation ist nach A. Bernstein folgende:

Die ganze Fabrik besteht eigentlich in einer einzigen Tonne, an deren einem Ende man ordinären Branntwein mit viel Wasser verdünnt, eingießt und an deren anderm Ende Essig ausfließt.

Die ausrecht stehende Tonne hat oben einen Boden, der viele Locher hat. Durch jedes dieser Locher wird ein Stückchen Bindfaden gesteckt, woran ein Knoten gemacht wird, damit der Bindfaden nicht durchfällt. Wird nun aus diesen Boden 89- fach verdünnter Branntwein gegossen, so fließt er an den Bind­fäden langsam tropfenweise hinein in die Tonne.

Inwendig aber ist die Tonne mit Hobelspänen aus Bu­chenholz gefüllt, welche einige Zeit in Essig gelegt waren; der verdünnte Branntwein also fließt hier in der Tonne aus die an­gesäuerten Hobelspäne, und der Alkohol des Branntweins, der an den Hobelspänen entlang fließt, verwandelt sich auf dem weiten Wege, den er langsam von Span zu Span durchwan­dert, in Essigsäure. Damit aber dies vor sich gehen kann, muß die Luft freien Zutritt haben. Zu diesem Zwecke sind in der Nähe des untern und obern Bodens der Tonne Locher ein­gebohrt. Durch den chemischen Vorgang entsteht in der Tonne von selber ein hoher Grad von Wärme, so daß die Luft, die in der Tonne warm wird, zu den obern Löchern ausströmt, während durch die untern Löcher frische Luft einströmt. Es entsteht demnach innerhalb der Tonne eine Luftströmung, ähn­lich wie die in unsern Lampen-Cylindern, wo auch oben heiße Luft ausströmt und unten kalte Luft einströmt. Diese frische Luft aber bringt den Hobelspänen immer frischen Sauerstoff zu und giebt immer mehr Veranlassung, die Essigsäure zu bilden.

So langt der Alkohol, der oben auf den Boden der Tonne gegossen wird, um langsam an den Schnüren hinabzufließen,