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Arbeiter:Dieses Buch mußt Du unterschreiben," und weun er es sich dann anschaut, so sieht er, daß er eine Arbeitsordnung unterschrieben hat, mit der er gar nicht einverstanden ist. Das ist ein ungesetzliches Vorgehen. Der Betreffende hat etwas unterschrieben, und er weiß gar nicht, was. Wer zwei bis drei Minuten zu spät kommt, dem werden einige Stunden, oft ein halber Tag abgezogen. In einer k. k. Anstalt ist es vorgekommen, daß Leuten, die zwei bis drei Minuten zu spät gekommen sind, einige Gulden abgezogen, und daß sie im Wiederholungsfälle auf das Pflaster gesetzt wurden. Was die Verhältnisse in den Räumlichkeiten betrifft, so wäre eine Erweiterung des Gewerbe-Jnspectorats wünschenswerth. Es ist in einer kaiser­lichen Anstalt vorgekommen, daß ein hoher Besuch erwartet wurde; da wurden während zwei bis drei Tagen sämmtliche Fenster aufgerissen, Alles wurde geputzt und gereinigt. Als der Besuch da war, ah, da war eine schöne Lust im Raum! Aber später ist wieder gar nichts mehr geschehen, und man mußte wieder in dem Dunst arbeiten. Ebenso verhält es sich natürlich in den privaten Anstalten. Es gibt Druckereien, wo unterhalb das Heizhaus und oberhalb der Abort ist. Da können Sie sich vorstellen, was da im Sommer für ein Gestank herrscht.

Experte Veith: Ich werde mich speciell auf den technischen Theil der Buchbinderei beschränken; denn die anderen Gewerbe, hauptsächlich die Cartonnagearbeiten, Lederarbeiten, Fächerarbeiten sind aus der Buch­binderei hervorgegangen und lassen sich heute nicht mehr gemeinsam über­blicken. Die Buchbindereien in Wien sind ihrer großen Mehrzahl nach noch immer Kleinbetriebe. Die hauptsächlichste Ursache davon liegt wohl darin, daß es noch immer wenig Leute gibt, die sich ganze Werke kaufen. Dieselben werden in der Regel in Heften bezogen und nachträglich gebunden. Daher kann die Buchbinderei zum großen Theile nicht sabriksmäßig betrieben werden. Das reactionäre Preßgesetz in Oesterreich hat auf die Entwicklung der Buchbinderei einen großen Einfluß gehabt, da in Oesterreich nicht so viel gedruckt werden kann wie in Deutschland; dort ist auch der Großbetrieb vorwiegend. Die Frauenarbeit bei der Buchbinderei in Wien war schon in den Siebziger-Jahren meine Erfahrungen reichen bis zu dieser Zeit sehr stark eingeführt. Damals haben die Männer die Frauen noch als gefährliche Gegner betrachtet. Mancher Gehilfe hat noch darüber geschimpft, daß ihm die Arbeit von der Frau weggenommen wird. Das hat sich im Lause der Zeit vollständig verloren. Heute weiß man, daß gewisse Arbeiten aus­schließlich von den Frauen beherrscht werden und den Männern nicht mehr zukommen. In der Buchbinderei fällt beiläufig die Hälfte der Arbeit den Frauen zu, und zwar hauptsächlich das Falzen, Heften, Goldauftragen und diverse kleine Handarbeiten. Die Frauenarbeit in der Buchbinderei ist vor­wiegend Stückarbeit, viel weniger Wochenarbeit. Aber selbst die letztere ist in der Regel doch eigentlich Stückarbeit. Wenn eine Arbeiterin auf eine Stunde weggeht, wird ihr diese Stunde abgezogen, und Feiertage werden nicht bezahlt. In den capitalskräftigen Geschäften, welche sich sehr entwickelt haben, nimmt die Frauenarbeit stark zu, während in den Klein­betrieben fast gar keine Frauenarbeit vorkommt. Aus den Ausweisen der Krankencasse kann ich Ihnen Folgendes mittheilen. Im Jahre 1890 waren 1573 und im Jahre 1891 1444 Hilssarbeiterinnen ausgewiesen. Dabei ist zu bemerken, daß von diesem Jahre an jugendliche Hilfsarbeiter beiderlei Geschlechtes von den erwachsenen Hilfsarbeitern getrennt geführt werden. Im Jahre 1892 stieg die Zahl der Hilssarbeiterinnen auf 1500 , die der jugendlichen Hilfsarbeiter beiderlei Geschlechtes betrug 315 . Im Jahre 18-3 waren diese Zahlen 1600 und 311 und im Jahre 1894 1709 und 305 . Dabei ist zu bemerken, daß unter den jugendlichen Hilfsarbeitern beiderlei Geschlechtes bestimmt 90 Percent Frauen sind. Sie werden von der Kranken­casse deshalb nicht getrennt geführt, weil eine Zahlungsclasse für beide zur