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Schnurdreher das Drehrad drehen. Das ist eine sehr schwere Arbeit, und es gibt viele Mädchen, die ganz schief sind, wenn sie ausgelernt haben. Ich Aebe zu, daß in Berlin die Lehrmädchen auch intelligenter sind, weil sie stch auch aus besseren Kreisen recrutiren. Sie haben bessere Schulen besucht.

Dr. Verkauf: Nach welcher Zeit kommt hier ein Lehrmädchen überhaupt zur gewerblichen Ausbildung? Bekommt sie sofort eine gewerb­liche Arbeit in die Hand, wenn sie eintritt? Exp. Vogels: Wo ich bin, schon am selben Tage.

Dr. Verkauf: Haben die Mädchen viele Gänge zu verrichten? Exp. Vogels: In unserer Fabrik ist ein eigenes Laufmädchen. Dieses reicht aber nicht aus, um alle Gänge zu besorgen, die nothwendig sind. Ich muß also auch die Lehrmädchen dazu verwenden. Der Chef sieht es aber ungern. Ich habe hier jedes Mädchen mit Fräulein angesprochen. Das ist mir aber sehr verübelt worden.

Dr. Verkauf: Kommt es in Berlin nicht vor, daß man die Mädchen auf die Straße schickt? Welche Zeit verbringt bei Ihnen ein Mädchen im Jahre aus der Straße? Exp. Vogels: Ich schicke täglich vielleicht sechs Mädchen fort, und die bringen jedesmal etwa eine Stunde draußen zu. Nun haben wir aber 30 Lehrmädchen.

Dr. Verkauf: Schicken Sie auch diejenigen, die schon im letzten Jahre sind? Exp. Vogels: Ausnahmsweise auch. Die im ersten Jahre müssen oft dreimal des Tages gehen. Die Jüngsten müssen auch die häus­lichen Arbeiten verrichten.

Dr. Verkauf: Wird bei Ihnen auch eine Frühstückspause gehalten?

Exp. Vogels: Wir haben keine Pausen.

Dr. Verkauf: Wem sind die Mädchen zur Abrichtung zugewiesen?

Exp. Vogels: An jedem Tische befindet sich eine erste Arbeiterin.

Dr. Verkauf: Hat sie die nöthige Zeit? Exp. Vogels: Ja.

Dr. Verkauf: Wenn ein Mädchen zu arbeiten anfängt, wird sie da zuerst zu der leichtesten Arbeit verwendet? Exp. Vogels: Ja, man geht da ganz systematisch vor. Freilich kommen auch Fälle vor, wo man davon abgehen muß. Es ist zeitweise ganze Wochen hintereinander nur schwierigere Arbeit. Da muß man eben vorgreifen.

Dr. Verkauf: Ist die Art der Unterweisung hier von der in Berlin verschieden? Exp. Vogels: Das ist überall so.

Dr. Frey: Sind Sie auch der Meinung, daß eine dreijährige Lehr­zeit nicht nothwendig wäre? Exp. Vogels: Wenn das Mädchen eine fertige Arbeiterin sein soll, ist die Lehrzeit nicht zu lang. Aber die Mädchen lernen beiweitem nicht Alles, was ihnen gelehrt werden müßte.

Vorsitzender: Möchten Sie uns über die Beschäftigung der Arbeiterinnen am Trehrad Einiges angeben? Exp. Vogels: Diese Erfahrung habe ich speciell hier gemacht, nicht in Berlin. Sie müssen manchmal bis zu einer ganzen Stunde drehen. Das ist für die schwach ge­bauten Mädchen entschieden nachtheilig. Es gab in unserem Betriebe sogar Mädchen, die Anfälle von Schwindsucht hatten. Ich selbst habe die Mädchen nie zu einer solchen Arbeit verwendet. Jeder Schnurdreher muß eine Hilfe haben. Wir haben einen Hilfsarbeiter. Das geht aber den ganzen Tag so fort und wenn wir keine Lehrmädchen zur Verfügung hätten, so brauchten wir sieben solche Hilfsarbeiter.

Vorsitzender: Wollen Sie uns etwas darüber mittheilen, wie sich die Arbeit über die Saison vertheilt? Exp. Vogels: In Wien gibt es nur eine Saison. Sie beginnt Anfangs September und dauert meist bis Mitte December. Man kann behaupten, daß circa sechs Monate im Jahre drei Vierteltage gearbeitet werden. Ausnahmsweise kommt dann eine Arbeit, die rasch fertig gemacht werden muß; dann bleiben fünf, sechs Arbeiterinnen da.