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in Folge dessen können Sie von der Gemeinde für Ihre Kinder einen Beitrag zum Kostgeld verlangen. Ist Ihnen das nicht bekannt? Exp. Nr. 98: Nein.

Dr. Schwiedland: Sie brauchen nur beim Magistrat anzusuchen. Tann wird vom Magistrat das Kostgeld für die Kinder direct an die Kost­geber gezahlt. Exp. Nr. 98: Ich kenne mich nicht aus, und ich habe auch keine Zeit, um das Alles zu besorgen.

Dr. Schwiedland: Ich werde Ihnen das vermitteln.

(Dr. Verkauf übernimmt den Vorsitz.)

Experte L (über Befragen seitens des Vorsitzenden): Ich bin Metall­drucker ; bei uns werden Metallwaaren erzeugt, und die Frauen sind in der Spenglerei, Galvanisirung, Steiferei, Presserei, Lackirerei und beim Ein­packen beschäftigt. Die Eisengießer machen Lüfter. In der stillen Zeit sind bei uns 120 männliche und 60 his 70 weibliche Arbeiter nebst 14 Lehrlingen beschäftigt. In der starken Zeit verdoppelt sich die Zahl der Frauen, und die der Männer steigt um 40 bis 50. Bei uns geht Alles im Accord, die Gießer werden nach dem Gewicht, die Anderen per Stück bezahlt. Die Drucker machen die Bestandtheile, die für die Lüster nöthig sind ; sowohl beim Gießen wie beim Drucken sind keine Frauen beschäftigt. In der Spenglerei, bei den billigen Lampen, sind Frauen vorhanden, welche löthen, zuschneiden und die Lampen fix und fertig machen. Diese Arbeiten sind sehr schwer; es müssen die Frauen den ganzen Tag mit der Schlagscheere schneiden, was selbst einen Mann sehr hernimmt. Sie müssen mit einem schweren Messer, welches vielleicht 15 Kilo wiegt, ununterbrochen von Weißblech oder Zink Streifen Herunter­schneiden. Dieses Materiale ist verschieden dick; das schwächste ist nur so dick wie ein Papier, das stärkste etwa wie ein Kreuzer. Von dieser Arbeit bekommen die Frauen oft geschwollene Hände. Soweit ich mich erinnere, ist diese Arbeit stets nur von Frauen verrichtet worden. Auch das Galvanisiren besorgen die Frauen. Da müssen sie mit einer Kratzbürste die Gegenstände kratzen, dieselben dann mit Benzin und Petroleum waschen; hiezu sollten sie Handschuhe haben, aber weil sie im Accord arbeiten, so können sie die­selben nicht brauchen, weil das die Arbeit zu sehr aufhalten würde. Auch bekommen sie die Handschuhe gar nicht, nur wenn der Gewerbe-Jnspector erscheint, was, so weit ich mich erinnere, dreimal der Fall war. Bei dieser Arbeit sind in der stillen Zeit sechs bis sieben Frauen beschäftigt, in der starken Zeit 20 bis 30 Frauen. Auch in der Lackirerei sind Frauen be­schäftigt und nur zwei Männer, welche die grobe Arbeit verrichten und besser bezahlt werden wie die Frauen. Die Frauen lackiren die Lüster mit Bronze­staub. Wetters arbeiten die Frauen bei der Presse, beim Excenter, was schon unzählige Finger gekostet hat. Die Arbeiterin sitzt bei der Presse, hält den Streifen hinein, der Excenter fällt herunter, und dann muß sie den Streifen wieder hineinstecken. Dabei verlieren die meisten zwei Finger.

Vorsitzender: Das wird doch wohl nicht die Regel sein? Exp. X: Wir haben gar keine, die nicht bei dieser Arbeit zwei Finger ver­loren hätte. Sie hält mit beiden Händen das Blech hinein, und wenn sie sich einen Moment vergißt, so ist gleich der Finger weg. Besonders anstrengend ist diese Arbeit nicht, weil ja die Maschine mit Dampf betrieben wird. Ferner besorgen bei uns die Frauen das Einpacken der fertigen Waare, was auch nicht besonders anstrengend ist. Freilich geht dieses Einpacken in die Tausende, und da gibt es viel zu schleppen. Die Sachen werden den Frauen zugetragen, aber wegtragen müssen sie dieselben selbst. Wenn sie nun vier Tage gearbeitet und sich Geld verdient haben, so brauchen sie wieder zwei Tage zum Weg­tragen, wofür sie nichts bezahlt bekommen. Die Frauen packen nur die kleineren Gegenstände, die Kisten werden von Männern gepackt. In der Packerei sind in der stillen Zeit vier bis sechs, in der Saison zehn bis zwölf Frauen beschäftigt.