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Eines aber müssen wir besonders hervorheben und dies Eine ist die Frage, warum denn die zahlreichen Arbeiten, welche von Natur aus und durch die Sitte allein dem weiblichen Geschlecht zugewiesen erscheinen, warum sie selbst in unserer aufgeklärten und arbeitsreichen Zeit noch immer der männ­lichen Arbeitskraft zugewiesen werden und warum es dem weiblichen Geschlechte so schwer wird in dieselben einzudringen. Ich glaube nicht, daß Vorurtheile und Sittenlosigkeit des männlichen und weiblichen Geschlechtes allein auch nur an­nähernd die Gründe sind. Ich meine, daß ein höchst bedeutender und wichtiger national - ökonomischer Grundsatz die Quelle dieser Erscheinung ist.

Blicken Sie nach Amerika. Mit großer Leichtigkeit findet das Weib Zutritt zu jeder Arbeit, welche es zu leisten im Stande ist. Beachten Sie die Erscheinungen in England. Kaum wurde das Königin-Institut zu Dublin gegründet im Jahre 1861 und die Anregung zur Verwendung der Frauen in vielen Geschäften wie Lithographiren, Holzschneiden, Malen, Telegraphie, Buchhaltung u. dgl. gegeben, so fand das An­gebot alsbald eine zahlreiche Nachfrage. In Würtemberg wurde 1862 eine Schule gegründet, welche Frauen und Mäd­chen im Buchführen und anderen kaufmännischen Geschäften unterrichtete. War diese Schule selbst schon ein Zeichen des Bedürfnisses nach weiblichen Arbeitskräften, so zeigte der Erfolg noch deutlicher die Wichtigkeit derselben. Und nun, sehen Sie nach Preußen und bemerken Sie, wie spät dort erst die Frage nach der weiblichen Arbeit auftritt und wie­der, um wie vieles später erst in Oesterreich daran gedacht wird. Ist das die Folge der uns oft vorgeworfenen Ge­dankenfaulheit und Begriffsstützigkeit? Gewiß nicht! Das Pri­vilegium der Erkenntniß hat kein Volk, selbst dann nicht,