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zumeist in der Stellung des Geschlechtes und der Aufgabe des heranwachsenden Mädchens für die häuslichen Bedürf­nisse. Das Mädchen wird zur Arbeit erzogen sobald es die Finger rühren kann, mit dem Strumpfband fängt es an, dann kommt der Strumpf selbst, dann endlich die Ferse, mit­unter mischt sich für die Weihnachtszeit ein gestickter Hosen­träger mit Kreuzstich oder gar eine Zigarrentasche mit ewig unerklärlichem Tupf. Das heißt zur Arbeit erziehen. Es heißt so, aber es fehlt das wichtigste bei dieser Erziehung, die Er­ziehung, es ist ein schrittweises Nachahmen dessen, was die Mutter oder Gouvernante weiß, und wenn das ABC des Lehrers zu Ende ist, so ist auch der Bildzmgsfähigkeit des Kindes genug gethan, die Mechanik ist langsam eingequetscht in das weiche Gehirn, für die Vielseitigkeit der weiblichen Arbeiten sorgt die Einseitigkeit der Arbeit selbst und die Berliner Fabrikanten vonVorlagen für Stick- und Häckel- arbeit." Wenn die Erziehung der Mädchen nicht so vor sich ginge, so würde eine gute Mutter glauben sich an ihrem Kinde zu versündigen und so trägt die Tochter denselben Strumpf wie die Großmutter, der Bruder läßt sich mit den­selben Hosenträgern die Schultern wund drücken wie einst der Vater und später der Gatte, dieselben geschmacklosen Wand- und Papierkörbe schmücken das Zimmer, hier ein mehr oder weniger geschmackloser Ofenschirm oder Kanape« Polster u. s. w. Und hat das Mädchen endlich Klugheit genug sich gegen die Geschmacklosigkeit aufzulehnen und nach anderem zu suchen, da fehlt es dann an allem und jedem, die Häus­lichkeit hat weder Verständniß, noch Mittel etwas Neues zu lehren, die Öffentlichkeit hat noch keine Erkenntniß dafür und wo dieselbe sich findet, fehlt der Muth oder die Mittel zur That, man bleibt in der Geschmacklosigkeit oder um sich