72

zu trösten, erfindet man selbst neue Geschmacklosigkeiten und glaubt, weil es neu ist, muß es schön sein. Sehen wir aber ganz ab von der häuslichen Bildung zur Arbeit und betrach­ten wir die wirklich auf das Verdienen schon abzielende Thä­tigkeit des weiblichen Geschlechtes. Wie begegnen ganz der­selben Rathlosigkeit, derselben Unklarheit über die Bedürf­nisse und denselben Vorurtheilen über die Befriedigung der­selben fast bei allen selbständigen weiblichen Arbeiten.

Ich will diese nicht charakterisiren und beschreiben, ich will nur die beidey Hanptgebrechen andeuten, an denen alle diese Leistungen in ihrem letzten Zweck, ein Verdienst der Arbeiterin zu werden, scheitern; sie sind entweder zwecklos oder für den Zweck, den sie verfolgen, ungeschickt und mit einem Aufwand von Kraft gearbeitet, daß kein Preis je die ver­wendete Mühe entgelten kann, und sie sind zweitens entweder in einem Geschmack gearbeitet, der an der Lehre haftet, aber von den Bedürfnissen längst überwunden ist oder von ganz unglaublicher Geschmacklosigkeit. In erster Richtung begegnen wir weiblichen Arbeiten, die für die Consumtion gar keinen Werth haben, da sie von der Maschine besser, schöner und wohlfeiler geliefert werden. Der Mangel der Erkenntniß, daß die Maschine zahlreiche Handarbeiten zwecklos gemacht hat, ist überhaupt ein kranker Punkt in der ganzen Frauenarbeit. Zeit und Gesundheit opfern die armen Geschöpfe für Arbei­ten, die zuletzt höchstens die Barmherzigkeit kauft, um nicht ein Almosen geben zu müssen. Die Erziehung der Kunst arbei­ten zu können, findet hier gleich ein reiches Gebiet, sie soll zeigen und lehren, was weibliche Hände nicht mehr machen sollen. Die andere Richtung, die ich andeutete, die Richtung der Geschmack­losigkeiten der weiblichen Arbeiten findet man zumeist in den Kin­derarbeiten vorherrschend. Mit der Aufgabe frühzeitig zu verdienen,