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bald derartige Collisionen zwischen diesen Organen, dass deren Rückwirkung auf den ausübenden Dienst unmöglich ausbleiben konnte. Die Folge davon waren Störun­gen und Unterbrechungen im Betriebe, die bei dem mehrseitigen Streben, das Te- legraphen-Institut in seiner Independenz zu erhalten, kurzweg dem neuen Systeme in die Schuhe geschoben wurden. Bei Besprechung der Organisation der Tele­graphen-Verwaltung werden wir Anlass haben, hierauf zurückzukommen.

Ein anderes Bedenken, welches gegen die Vereinigung des Post- und Telegra- phen-Wesens vorgebracht wird, besteht darin, dass man sagt, es sei schwer, die geeigneten Individuen zur Besorgung bei­der Dienstzweige zu finden; auch seien nur die Nebenstations-Führer, die auch die erforderlichen technischen Kenntnisse ha­ben, geeignet, gleichzeitig den Linienauf­sichtsdienst zu versehen.

In dieser Beziehung müssen wir Fol­gendes bemerken. Dass die Besorgung des Postdienstes in kleineren Ortschaften keine hohe Bildung erfordert, zeigt der Umstand, dass derselbe sehr häufig Privat­personen aus den verschiedensten Ständen anvertraut wird. Dass der Telegraphen­dienst, wenn man denselben auf die unbe­dingt nothwendige Kenntniss der Hand­habung des Telegraphen - Apparates be­schränkt, auch keine besonderen Schwie­rigkeiten bietet, ergibt sich daraus, dass gewöhnliche Leitungsaufseher in 68 Wochen nicht nur zur Depeschen-Beför- derung, sondern auch zur Verrichtung der übrigen Amtsgeschäfte abgerichtet werden. Uebrigens kann, da die kleinen Stationen bei gehöriger Ordnung des Telegraphen­netzes nur auf kurzen (Bezirks-, Zweig-, Omnibus-) Linien eingeschaltet sein dür­fen, eine Störung des grossen Verkehrs durch solche Aemter gar nicht stattfinden,

so dass bei denselben auch weniger geübte Individuen verwendbar wären.

Mangel an Arbeitskräften wird hier­nach wohl schwerlich eintreten.

Was ferner die technische Befähigung zur Leitungsaufsicht betrifft, so vindiciren wir dieselbe für einfache Leitungen jedem Menschen, der gesunde Sinne hat; Linien mit zahlreichen Drähten verlangen ohne­hin ein eigenes Personale.

Hinsichtlich der Leitungsaufsicht glau­ben wir schliesslich noch bemerken zu sollen, dass sich die Erhaltung der einfa­chen Leitungen an die Post- und Telegra- phen-Aemter gegen ein entsprechendes Pauschale gewiss und desto leichter über­tragen liesse, als die Strassen, an denen solche Leitungen fortlauten, täglich von Postwägen befahren werden, und etwaige Gebrechen in der Linie sofort wahrgenom­men und allenfalls durch das Strassen-Auf­sichtspersonale behoben werden können. Der Chef des ehemaligen Telegraphen- Inspectorates für Lombardo-Venetien hatte es verstanden, die Linien jenes Bezirkes mit Hilfe der Strassen-Einräumer und nur wenigen Leitungsaufsehern auf eine billige und* erfolgreiche Weise fortwährend im guten Zustande zu erhalten.

Da die Leitungen mit mehrfachen Drähten gewöhnlich längs den Eisenbahnen laufen und theilweise auch durch die Bahn­wächter beaufsichtigt werden, so ist es be­greiflich, dass auch sie kein zahlreiches Aufsichtspersonale erfordern, weil einem Leitungsaufseher grössere Bahnstrecken zur Aufsicht zugewiesen werden können.

Es lässt sich sonach, ungeachtet der Aufhebung der sogenannten Nebenstatio­nen, die Leitungsaufsicht auf den meisten Strecken auf ein Minimum reduciren.

Ein weiterer Anstand hinsichtlich der Verschmelzung des Post- und Telegraphen­wesens liegt angeblich in der Erblichkeit gewisser Postämter, welchen der Telegra-