Definition
Der Deutsch-Namibische Krieg (1904–1908) war ein Kolonialkrieg zwischen der deutschen Kolonialmacht und verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Gebiet des heutigen Namibia. In Folge zunehmender Konflikte um Herrschaft, Land und Ressourcen sowie die rassistischen Politiken im „Schutzgebiet“ Deutsch-Südwestafrika (DSWA) seit den 1890er-Jahren erhoben sich 1904 zunächst Hererogruppen, später auch Namagruppen, gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Der Krieg begann am 12. Januar 1904 mit Angriffen der Herero unter der Führung von Samuel Maharero (1856–1923) auf koloniale Infrastrukturen wie Bahnhöfe, die Baustellen der entstehenden Otavibahn und Handelsniederlassungen, die auch im weiteren Kriegsverlauf zentrale Austragungsorte der Konflikte blieben. Ein entscheidender Einschnitt war die Schlacht am Waterberg (August 1904), nach der die Schutztruppe (Militär in den deutschen Kolonien) die Herero in die Omaheke-Wüste trieben. Im Oktober 1904 erließ der Kommandeur der Kolonialtruppen DSWAs, Lothar von Trotha (1848–1920), den sogenannten „Vernichtungsbefehl“, der die völlige Auslöschung der Herero anordnete. Der Krieg führte damit zum Völkermord an den Herero und später auch den Nama; gefangene Herero und Nama wurden in eigens errichteten Konzentrationslagern untergebracht und als Zwangsarbeiter:innen eingesetzt. Die Bezeichnung „Deutsch-Namibischer Krieg“ betont, dass es sich um einen Krieg und nicht um einen einseitigen „Aufstand“ handelte. Zudem rückt der Begriff den antikolonialen Widerstand mehrerer lokaler Gruppen in den Vordergrund, der prägend für das später formulierte nationale Selbstverständnis Namibias im Kontext der Unabhängigkeitsbewegung war. Nach jahrzehntelangen Zurückweisungen der Verantwortung für die Folgen des Krieges sowie des Tatbestandes des Völkermordes gab es 2015 erstmals Zugeständnisse vonseiten der Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Darauf folgten langwierige Prozesse der gemeinsamen Aufarbeitung zwischen Deutschland und Namibia, in denen Entschädigungszahlungen, öffentliche Entschuldigungen und auch die Restitution von menschlichen Überresten debattiert wurden.
Quellen
Shelley Baranowski: Nazi Empire. German Colonialism and Imperialism from Bismarck to Hitler, Cambridge, Cambridge 2011, 50 f., 59.
Dag Henrichsen, Herrschaft und Alltag im vorkolonialen Zentralnamibia. Herero- und Damaraland im 19. Jahrhundert, Basel 2011, 297 ff.
Marion Wallace, Geschichte Namibias: Von den Anfängen bis 1990, Basel/Frankfurt a. M. 2015, deutsche Übersetzung, 245, 266, 290 ff.
Jürgen Zimmerer, Deutsche Herrschaft über Afrikaner. Staatlicher Machtanspruch und Wirklichkeit im kolonialen Namibia, Hamburg 2001, 31 ff., 37ff., 43.