festgestellt ist, daß durch die sogenannte graue Gehirnsubstanz*) die Aufnahme der Reize und die schnelle Uebertragung der Reize auf die reagirenden Nerven vermittelt wird, so kann es nicht befremden, wenn das Weib, als Trägerin einer überwiegend grauen Gehirnmasse, für alle Reize sehr empfänglich ist. Kaum wird es daher, bei der im höheren Grade hervortretenden Reizempfänglichkeit der weiblichen Natur, auffällig erscheinen, daß das Weibnervös" ist, und die hysterischen Beschwerden, wie Ohnmachten, Keuchhusten, Starr­krampf rc. tzu seinen habituellen Schwächen gehören.

Was den Entwickelungsgang der weiblichen Natur im Allge­meinen betrifft, so ist in demselben sowohl ein schnelles Entfalten als Verschwinden aller Kräfte wahrzunehmen.

Gehen wir zur Betrachtung der psychischen Natur über, so finden wir, daß im weiblichen Wesen das Gemüth**) vorherrscht, wobei nicht ausgeschlossen ist, daß auch der Verstand des Weibes dem des Mannes nach mancher Seite hin überlegen ist. Alles, was das Gemüth vorzüglich in Anspruch nimmt, wirkt aus das Weib im verstärkten Maße. Aus diesem Grunde kann dasselbe zur.größten Selbstverleugnung getrieben werden. Im Leiden ist das Weib er­gebener, gefaßter, religiöser; es duldet die äußeren Drangsale und Widerwärtigkeiten des Lebens mit größerer Standhaftigkeit, als der Mann:

Und wenn der Mann die Hoffnung schon verlor,

Blickt noch das Weib vertrauungsvoll empor!"

*) Das Gehirn ist das Organ des Geistes. Das Naturgesetz:Größe und Kraft eines Organs entsprechen einander" erleidet zwar für die Beziehungen von Gehirn und Geist im Allgemeinen keine Ausnahme; doch ist die Sache nicht so zu fassen, daß unbedingt die Größe des Gehirns ein Maßstab der Geistes­kräfte ist, da ein kleines wohlbeschaffenes Gehirn mehr Stärke besitzen kann, als ein schlechter beschaffenes, aber größeres. Also bei gleicher Beschaffenheit kann die Größe des Gehirns ein Maßstab seiner Kraft sein. Da demnach bei Be­urtheilung der Geisteskräfte eines Menschen die Qualität des Gehirns mit in Rechnung zu ziehen, dieselbe aber äußerlich schwer zu ermitteln ist, so kann die Phrenologie zur Lösung der einschlagenden Frage nur einen geringen Beitrag liefern.

**)Denn Schön'res find ich nicht,

Wie lang' ich wähle,

Als in der schönen Form die schöne Seele."