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desselben indirect einen mächtigen Antheil, ja den größten Einfluß; den letzteren gewinnt sie dadurch, daß sie der wahre, lebendige Factor der Familienerziehung ist.

Es darf daher für den Staat und die Gesellschaft nicht gleich­gültig sein, wie die Mutter ihre Kinder erzieht.^) Weil aber an der rechten mütterlichen Erziehung so viel liegt, so reicht die Thätig­keit der Frau innerhalb der Familie in hervorragendster Weise in das Leben des Staates und der Gesellschaft hinein, und durch diese hohe Aufgabe ist die Frau naturgemäß zur Begründerin des echten Volkslebens bestimmt.

Nichts ist natürlicher, als daß die Mutter, welche die erste Ernährerin, die Gespielin, die stete Gesellschafterin und Pflegerin des Kindes war, welche seinen Geist zuerst mit ihren Bildern, mit ihrer weiblichen Art, die Dinge anzuschauen, der Unbefangenheit des Kin­des näher stand, auch noch später leichter die Wege findet, um zu dem Herzen des Kindes zu dringen. Liegt es nicht im regelmäßigen Gange der Dinge, daß sie die Art ihres Kindes, die Eigenthümlich­keiten seines Körpers und seines Geistes, wenn auch vielleicht unbe­wußt, besser kennen lernt, genauer erfährt, weil sie mehr mit dem Kinde lebt, als der vielleicht ungleich mehr kundige Vater, dessen Eindruck mehr stetig, dessen Urtheil mehr durch allgemeine Erfah­rungen und Grundsätze oder durch zufällige Wahrnehmungen, als durch anhaltende und besondere Beobachtung geleitet wird!"

Die Natur ist ewig gerecht in Ertheilung der Anlagen, die für einen bestimmten Beruf gelten. Das zeigt sich, wenn wir die Individualität der Kinder in ihrem zarten Alter in Betracht ziehen. Bei diesen Kindern wiegt das Gefühlsleben so bedeutend vor, daß diejenigen, die zunächst auf seine Pflege besonders hingewiesen sind, das regere Gefühlsleben in gewissem Grade mit den Kindern theilen müssen. Sie würden dem Kinde sonst zu fern stehen, seine Bedürf-

*)Kenntnisse und gute Erziehung führen am sichersten zur weisen und spar­samen Verwendung der vorhandenen Kräfte; Unwissenheit dagegen ist die theuerste Sache im Lande. Ein unterrichtetes und verständiges Volk ist immer sittlicher und fleißiger als ein unwissendes und ungebildetes." Adam Smith.

**) Siehe: Rudolf VirchowUeber Erziehung des Weibes." Berlin 1865. Fr. Enslin.