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Eine ähnliche Forderung stellt die materiell-häusliche Bestimmung der Frau an diese hinsichtlich der Ordnung und Sauberkeit. Der höhere oder geringe Grad der Ordnung und Sauberkeit ist gleichsam der Maßstab für das gesammte Hauswesen, auch für den Geist, der in der Familie und in der Frau selbst waltet. Die Sorge für Her­stellung beider ist eine fernere Aufgabe der höheren Töchterschule. Sie hat ihren Zöglingen nicht nur Ordnung und Sauberkeit anzu­eignen, sondern muß diese nothwendigen Eigenschaften der künftigen Frau so zum Bewußsein bringen, daß sie sich ohne den Besitz der­selben nicht denken kann. Kaum lassen sich diese Eigenschaften denken, ohne in Verbindung mit dem Sinne für Ebenmaß und Sparsamkeit. Am meisten jedoch kommt es darauf an, daß die Sorg­falt und Beharrlichkeit gepflegt werden, wenn nicht die vorerwähnten Eigenschaften nur einen theilweisen Nutzen herbeiführen sollen. Die Sorgfalt wendet sich der größten, wie der kleinsten Aufgabe mit der­selben peinlichen Gewissenhaftigkeit zu. Sie ist der Gegensatz der Leichtfertigkeit. Die Beharrlichkeit läßt sich durch kein Hinderniß von der Aufgabe zurückweisen, bevor dieselbe ihrem Ziele entgegengereift ist.

Das characteristische Grundwesen der Hausfrau gipfelt jedoch in der Aufopferungsfähigkeit, welche in Noth und Schmerz dem größten wie dem kleinsten, dem vorübergehenden, wie dem andauernden Bedrängniß die eigene Abhülfe zuwendet und sie nicht Anderen über­läßt. Der erziehliche Unterricht der höheren Töchterschule hat darauf // hinzuwirken, daß die angeborene Aufopferungsfähigkeit der Frau ge- ^ nügend Berücksichtigung finde.

r. Wenn die bisher erwähnten Aufgaben der höheren Töchterschule i vorzugsweise die ethische Seite in's Auge fassen und volle intellectuelle Bildung fordern, so darf doch auch die Bildung des Geschmackes, als eine ästhetische Forderung nicht unberücksichtigt bleiben, da er das Schöne als Object behandelt, und zwar nicht als Regel, sondern als Idee.*) Die Regeln des Geschmackes sind nun keineswegs ab-

*) Es ist ein folgenschwerer Irrthum, daß ästhetische Bildung nur für den Aristokraten sei.

Die Mittel zur ästhetischen Erziehung hat vor Allem Fröbel an die Hand gegeben. Schon durch die Benutzung des Spieltriebes wird das Kind ästhetisch herangebildet. D. V.