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das Lesen und Schreiben, die Uebung des Gedächtnisses umfaßt, ^ bedarf kaum der Bestätigung. Der erste Unterricht gründet sich » vorzugsweise auf Anschauung. Die einfachsten Sprachformen werden durch Betrachtung und Uebung in das Sprachgefühl hinüber- ß geführt. Er beschäftigt sich mit dem einfachen Satze. Auf Grund des Sprachgefühls müssen die Schülerinnen selbst frei über die Formen mündlich und schriftlich verfügen und sie-anwenden können; und zwar sowohl in Rücksicht der Sprachrichtigkeit nach Lautreinheit, Betonung rc., als auch in Hinsicht auf die Verwandlung der ge­gebenen Sprachformen nach Zahl, Zeit, Person und Ortsver­hältniß.

Wenn auf der nächsten Stufe die Aufgabe ruht, eine Uebersicht über die bisher gewonnenen Sprachformen zu schaffen, durch Be­nennung der Satztheile, der Fälle rc., so muß die Rechtschreibung durch Entwickelung der hauptsächlichsten Gesetze derselben mit der Uebung im einfachen und erweiterten Satz Hand in Hand gehen. Ist so das Wichtigste der Wortform-, Wortbildungs-, Satz- und Rechtschreibungslehre absolvirt, so bleibt für die Oberstufen nur übrig, die bereits erlangte Einsicht in das Wesen der Sprache zu erhalten, zu befestigen und zu vertiefen, was durch Anknüpfung an jeden anderweitig behandelten Stoff geschehen kann. Die Beobachtung, daß, jemehr die weibliche Art zu denken sich entwickelt, desto mehr die Neigung der jungen Mädchen sich der grammatischen Betrachtung der Sprache abwendet, hat zum Theil seine Begründung darin, daß der grammatische Lehrstoff, so weit er in die höhere Töchterschule gehört, ein ziemlich beschränkter ist. Diesem Uebelstande wird ab­geholfen durch die vergleichende Betrachtung der Sprache, zu welcher das Französische und Englische gegenüber dem Deutschen auf der Oberstufe der höheren Töchterschule die mannigfaltigste Veranlassung gibt, und welche für das klare Verständniß dieser Sprachen sehr er­giebig gestaltet werden kann.

Wenn wir die Forderung stellen, daß auf der letzten Stufe dieser Schule die eigentliche Grammatik nicht mehr gelehrt werde, sondern bereits in den vorhergehenden Klassen absolvirt sei, so soll) der deutsche Unterricht', um den Geist und das Gemüth der jungen Mädchen mit einem tüchtigen Inhalte auszustatten, sich auf dieser!