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führen, daß die Gedanken vollkommen so dargestellt werden, wie sie jener gedacht, erfunden hat.

Vorausgesetzt wird ein jeder Stufe entsprechendes Lesebuch. Das Verständniß der Lesestücke wird durch Anwendung der Sprachgesetze bei der Erklärung derselben befördert, indem Schwierigkeiten der Gedankenverhältnisse auf Grund der erkannten Sprachgesetze gelöst werden. Da nun der Leseunterricht sich mit dargebotenen Gedanken beschäftigt, so dient er auch gleichzeitig zur Erwerbung von Sach­kenntnissen. Daher geht seine weitere Aufgabe dahin, den Inhalt eines Lesestücks zu erschließen. Selbstverständlich muß die Darstel­lungsform ebenfalls Berücksichtigung finden, in welche der Inhalt gefaßt ist. Es knüpfen sich nothwendig stilistische Erörterungen und Betrachtungen an denselben. Ein gutes Lesebuch muß diesem Zwecke vollkommen entsprechen.

Die wöchentliche Durchschnittszahl der Lehrstunden für diesen Gegenstand muß mindestens zwei betragen, wobei bemerkt wird, daß , die unteren Stufen mehr, die oberen dagegen weniger in Anspruch nehmen.

Ein Gegenstand, welcher bis jetzt fast keinen Eingang in höhere Töchterschulen gefunden hat, ist

Z>ie Lehre vom menschlichen Körper.

(Anthropologie.)

Da dem weiblichen Geschlechte die Pflege der körperlichen und geistigen Natur der Menschen in die Hände gegeben ist, so sollte vor allen Dingen das Weib eine möglichst klare Einsicht in das körper­liche und geistige Wesen des Menschen besitzen. Eine solche wird es befähigen, auch das Erziehungswerk in heilsamer Weise auszuüben. Es kann allerdings nicht davon die Rede sein, daß in der höheren Töchterschule ein volländiger Kursus in der Anatomie und Physio- b logie zu geben sei, sicherlich aber ist es möglich, sich auf das zu ^ > beschränken, was in keiner Weise auf das weibliche Gemüth ver- wirrend einwirken kann. Die Kenntniß von dem Baue des mensch- ,, , lichen Körpers, von den Verrichtungen seiner einzelnen Organe, von