UNTERLEHRERINNEN

System, junge, im Unterrichte unerfahrene Mädchen als Aushilfe zu verwenden, sowohl für Schüler als für Lehrer schädlich ist, liegt auf der Hand. Diesen jungen Lehr­kräften ist gerade die schwerste Arbeit zuertheilt; sie kommen in eine fremde Classe, sollen anknüpfen an die Arbeit der erkrankten Amtsgenossen, sollen den Unterricht wieder ins Geleise bringen, der durch gewöhnlich vorher­gegangene unregelmässige Supplentur durch die an der Anstalt befindlichen Lehrkräfte noch mehr zerfahren ist; denn auch hier wird von der Commune gespart, und die Lehrer der Anstalt müssen ohne Entgelt alle selbst früher supplirt haben, und dies bis zu vier Wochen, bevor die

Aushilfslehrkraft verlangt werden darf. Das ist ein Unter­

richt, den nur die erfahrensten Lehrer sofort gedeihlich leiten können; deshalb wird auch von der Lehrerschaft immer wieder die Forderung nach Anstellung einer ge­nügenden Anzahl von gutbesoldeten Bezirksaushilfslehr­kräften erhoben, die erfahren genug sind, um auch hier das Möglichste zu leisten.

Doch da werden ohne Rücksicht auf die schwere Schädigung des Unterrichtes die jüngsten, die billigsten Lehrkräfte genommen, »fliegende Hunde« nennen sie die Wiener Lehrer, die wir vor Allem im Auge haben, mit

bitterem Spott. Sie sind Taglöhner, und ihr Taglohn hat

sich von Jahr zu Jahr verschlechtert. Ihr Taglohn wird berechnet nach dem Jahresgehalt der Unterlehrerinnen, nach einem Gehalt von 400 fl., wenn sie noch keine Lehrbefähigungs­prüfung haben, und von 600 fl., wenn sie dieselbe bereits abgelegt. Bis zum Jahre 1892 wurde dieser Taglohn für ein Schuljahr von 10 Monaten berechnet, er betrug deshalb 1 fl. 36 kr., beziehungsweise 2 fl. im Tag. Seit dem Jahre 1892 wird er nicht auf ein Schuljahr, sondern auf ein Kalenderjahr berechnet, obwohl es in den Ferien weder Aushilfe noch Taglohn gibt, die Entloh­nung reducirt sich daher auf 1 fl. 11 kr., respective 1 fl. 66 kr. Seit aber das Substitutiousnormale vom 30. No­vember 1895 in Kraft ist, das ist seit 1. Jänner 1896, erhalten die Aushilfslehrkräfte nicht mehr den auf die Aushilfszeit entfallenden Theil des Unterlehrergehalts, sondern laut § 5 dieser Verordnung nur 70 Percent des Gehaltes der abwesenden Lehrperson, wenn diese den Unterlehrer­gehalt, oder 60 Percent, wenn der substituirte Amtsgenosse den Lehrergehalt bezogen. Da der Unterlehrergehalt 600 fl., der Lehrergehalt 800 fl. beträgt, so stellt sich das Ein­kommen der Aushilfslehrerin, auf den Tag berechnet, auf 1 fl. 16 kr., eventuell 1 fl. 33 kr.

Gewöhnlich werden die jungen Mädchen überhaupt nicht zur Aushilfe verwendet, bevor sie nicht die Lehr­befähigungsprüfung machen, und nachher dauert diese

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