UNTERLEHRERINNEN

Wanderung von einer Schule zur anderen einige Jahre. Dann endlich bekommen sie eine etwas festere Stellung; sie werden provisorische Unterlehrerinnen. Sie haben jetzt wenigstens die Aussicht, ein Jahr lang an derselben Schule zu bleiben; sie erhalten einen Gehalt von 600 fl.; aber auch hier gibt es begünstigte und minder begünstigte. Die Praxis hat nämlich speciell in Wien ganz ungesetzliche Zu­stände geschaffen, um an Lehrergehalten zu sparen. Statt nach den Vorschriften der Gesetze neue Classen und neue Schulen zu errichten und dieselben mit definitiven Lehr­personen zu besetzen, errichtet man nach langem Zögern, und wenn es schon wirklich nicht mehr anders geht, nicht- systemisirte Stellen. Jemand, der mit den Schlichen der Wiener Praxis nicht vertraut ist, wird kaum verstehen, was dies bedeutet. Die nichtsystemisirten Stellen sind nämlich ein Compromiss zwischen der Schäbigkeit des Wiener Schulbudgets und den Bedürfnissen der Bevölkerung nach neuen Schulen. Sie werden errichtet, aber rechtlich be­stehen sie nicht und werden deshalb nur provisorisch be­setzt. Wenn das Schuljahr zu Ende ist, hören sie eigent­lich auf, zu bestehen, und deshalb erhalten die Unglück­lichen, die ihr Missgeschick auf solche Stellen schiebt, in den Ferien keinen Gehalt, während jenen provisorischen Unterlehrerinnen, die eine systemisirte Stelle haben, der Feriengehalt nicht entzogen werden kann. Die Ersteren kommen also um 100 fl. zu kurz.

Naive Menschen und besonders solche, die die Wiener Gemüthlichkeit nicht verstehen, werden sich vielleicht von dem Titel »provisorisch« bestechen lassen und meinen, diese Stellung dauere bloss ein bis zwei Jahre, dann werde aus dem Provisorium ein Definitivum. Dem ist aber nicht so. Das Provisorium ist nicht nur in der österreichischen Politik, sondern auch in der österreichischen Verwaltung etwas Anderes als in den Gesetzen der Logik und im Sprachgebrauch. Dieses Provisorium ist ein definitives Pro­visorium, eine fertige, abgeschlossene Stellung. Die Wiener Unterlehrer haben den Versuch gemacht, einmal nachzu­weisen, wie lange denn solche »Provisorien« dauern, und ihre Statistik hat zu merkwürdigen Ergebnissen geführt. Der Schematismus der Wiener Unterlehrer und Unterlehrerinnen vom Jahre 1897 zeigt uns:

1 provisorische Unterlehrerin mit 16 Dienstjahren

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