UNTER LEHRERINNEN

Schullehrer supplirt, also 100 oder 200 fl. mehr bezieht als früher.

Man sieht, der Begriff »Unterlehrerin« ist ein sehr viel­seitiger, eine ganze bunte Reihe von Kategorien; eine ver­worrene, durcheinanderfliessende Art von Entlohnungen ist darin enthalten.

Es wird nun sicher viele Leute geben, die sich darüber entrüsten werden, dass man den »idealen« Beruf der Lehrerin so ganz von der materiellen Seite betrachtet. Doch diesen gegenüber muss immer wieder und wieder betont werden, dass die Enthebung der Lehrer von materiellen Sorgen einer der wichtigsten Factoren für das Gedeihen der Schule ist. Es zeigt sich auch hier wieder die Analogie mit der manuellen Arbeit. So wie ein verständiger Unternehmer die Arbeiter gut entlohnen wird, weil er weiss, dass kräftige, wohlgenährte Arbeiter ihm viel mehr leisten können, als er an niederen Löhnen erspart, so steht die Güte des Unterrichtes im geraden Verhältniss zur Entlohnung des Lehrers. Es ist ja eben die Betonung dieser socialen Seite des Schullebens der Fortschritt, den die Theorie von der möglichst guten Volksschule gemacht hat. Wenn in den Anfängen der liberalen Schule vor Allem die geistige Un­abhängigkeit des Lehrers betont wurde, so legt die moderne Richtung vor Allem den Nachdruck auf die materielle Unabhängigkeit. Ein satter, sorgenfreier Lehrer bedeutet eine gute Schule, und es ist kein zufälliges Zusammentreffen, dass die Gegner der freien Schule auch die Anhänger der niederen Lehrergehalte sind.

Die Verhältnisse in der Provinz zu streifen, verbietet uns der Umstand, dass die Schulgesetzgebung zum grossen Theil Landesgesetzgebung ist, und die Verhältnisse von Kronland zu Kronland wechseln. Aber wenn schon in der Metropole des Reiches, in der reichsten Commune des Staates solche Zustände herrschen, kann man sich ausmalen, wie es in einzelnen Theilen des Reiches aussehen mag.

Und die ideale Seite des Lehrerinnenberufs? Wie schön stellen sich das manche Leute vorl Wie meinen Viele, dass es keine höhere Aufgabe geben könne, als die Lehren der Wahrheit und Gerechtigkeit in die unberührten Seelen der Kinder zu pflanzen und sie zu charakterfesten, kenntnis­reichen Menschen zu erziehen! Aber die Wirklichkeit sieht hier gewaltig anders aus. Und ideal angelegte Lehrernaturen, die ihre natürliche Wärme und Berufsbegeisterung wenigstens anfangs ihre materielle Nothlage theilweise übersehen liesse, finden auch in der Ausübung ihres Berufs keine Freude. Die Lehrerin darf ja gar nicht Wahrheit und Gerechtigkeit lehren, sondern das, was die Lehrbücher vorschreiben. Die sind aber schon so vorsichtig abgefasst, dass die Kinder nicht allzuviel Wahrheit zu hören bekommen; sie könnten