ZUR FRAUENBEWEGUNG

Eltern, die entweder durch wirtschaftliche oder durch moralische Missstände gehindert sind, ihre Kinder wirklich zu erziehen, sie mit Liebe und Sorgfalt zu behandeln und zu überwachen, pflegen dann, ungehalten über das Ergebniss solcher Vernachlässigung, zum Stock oder »mindestens« zur Ruthe zu greifen und sich auf diese Weise ihrem Kinde gegenüber doppelt ins Unrecht zu setzeD.

Und nun, meinen die frommen Schulverbesserer, soll der Lehrer da weiterprügeln, wo die Eltern aufgehört haben. Wenn aber tat­sächlich Prügel ein solches Universalmittel wären, wie die »Oester- reichische Frauenzeitung« glauben machen will, so kämen gerade die Kinder des Elends und der Verderbtheit schon ganz wunderbar erzogen in die Schule. Das ist aber nicht der Fall, sondern gerade diese ärmsten Kinder sind es gewöhnlich, deren Disciplinirung dem Lehrer Schwierigkeiten macht, und Prügel würden bei diesen schon deshalb nicht nützen, weil sie nur zu sehr daran gewöhnt sind.

Die Bezirkshauptmannschaft von Floridsdorf hat vor einiger Zeit an alle Schulleitungen des Ortes einen Erlass verschickt, in dem die Lehrer aufgefordert werden, Fälle von »Frechheit und Störrigkeit« bei Schulkindern der Polizei zur Anzeige zu bringen, die ein solches Benehmen der betreffenden Kinder als »unanständiges Betragen an einem öffentlichen Versammlungsort« eventuell auch durch körperliche Züchtigung bestrafen werde.

Cynischer und sophistischer zugleich könnte das Verbot der Prügelstrafe schon nicht mehr umgangen werden, als wenn man zu diesem Zwecke die Schule für einen öffentlichen Versammlungsort erklärt.

Zum Glück bedarf es, damit der Herzenswunsch der Christlich­socialen in Erfüllung gehe und sie die Kinder des Elends unter die Gewalt polizeilicher Fäuste bekommen, der Mithilfe der Lehrer, und es ist nicht anzunehmen, dass auch nur ein einziger Lehrer sich so tief erniedrigen wird, zum Denuncianten an den Kindern zu werden, die seiner Obhut anvertraut sind.

Darüber sind ja längst alle anständigen und vernünftigen Lehrer einig, dass jeder Versuch, die Prügelstrafe in der Schule wieder einzuführen, ebensogut ein Attentat auf das Ansehen und die Würde des Lehrers als auf die gesunde und menschenwürdige Erziehung der Kinder ist, und deshalb müssen alle Lehrer den christlichsocialen und clericalen »Schulreformen« einmüthig entgegentreten. E.

AM 28. FEBRUAR hielt Hofrath Dr. Burkhart in der Damen­akademie einen ganz ausgezeichneten Vortrag über die Bildungswege von Mann und Frau, in dem er die Fehler der üblichen Knaben- und Mädchenbildung treffend kritisirte, die »sachlichen« und »ethischen« Einwendungen gegen das Frauenstudium mit wohlthuendem Spotte zerschliss, vor Allem aber das danken wir dem Juristen be­sonders nachwies, dass das Frauenstudium und die An­stellung von Frauen in öffentlichen Aemtern in Oester­reich durch die Staatsgrundgesetze (Art. 2, 3, 6, 12 und 18) gewährleistet sind, »nur bedürfe es der correcten Anwendung und Durchführung der bestehenden Gesetze«.

ZUR FRAUENBEWEGUNG

In New-York ist Dr. Mary Murray als Schulärztin ange­stellt. Sie hat 12 Schulen hygienisch zu überwachen.

Die russische Regierung sandte 10 Aerztinnen in das Samarkandgebiet, w r elche im Vereine mit 30 Aerzten die Einschleppung der Pest zu verhüten haben.

Der Budapester Aerzteverein hat Dr. med. Vilma Huganay als gleichberechtigtes Mitglied in seinen Verband aufgenommen.

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