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derkehr arbeitende Mafchine ift, fondern die Mannigfaltig­keit der Zufammenfetzung feiner einzelnen Theile und die Bedingungen ihrer Thätigkeit eine ungeheure, ja man kann fagen unendliche ift, fo wiederholt fich derfelbe Fall in ganz gleicher Art niemals wieder. Derfelbe Vorgang im ge­funden und kranken Zuftande entwickelt fich nie genau in derfelben Art und Weife, fondern hat immer feine indi­viduellen Bedingungen. Zwei Menfchen, die ganz genau diefelben Nahrungsmittel und Getränke geniefsen, verdauen doch nicht ganz auf die gleiche Weife, und ernähren fich nicht in -gleichem Grade. Zwei Menfchen, die an derfelben Krankheit darnieder liegen, z. B. einer Lungenentzündung, find doch nie ganz genau in derfelben Art und Weife krank geworden, bieten nie genau dasfelbe Krankheitsbild dar, und werden nie genau in derfelben Weife von der Krank­heit getödtet, aber auch nie genau in derfelben Art und Weife von derfelben geheilt und gerettet werden können.

Hieraus ergiebt fich die ganze Schwierigkeit, und die ganze Eigenthümlichkeit des ärztlichen Handlens. Für das­felbe laffen fich keine allgemeinen für jeden Fall paffende Regeln und Vorfchriften aufftellen. Es giebt keinen Codex morborum et medicamentorum, welchen der Arzt entweder in feinem Kopfe oder in feiner Tafche nachtragen könnte, und wo er nur nachzufchlagen habe, um zu erfahren, wie er in dem einzelnen Falle zu handlen hat. Er arbeitet nicht nach einem vo'rgefchi iebenen und vorgelegten Mufter; er vervielfältigt nicht ein ihm einmal gegebenes Beifpiel. Vielmehr ift es feine Aufgabe, an der Hand seiner allge­meinen, durch Studium und Erfahrung gewonnenen Erkennt- niffe den fpeciellen Fall nach feinen fpeciellen Bedingungen zu erforfchen, und mit den fpeciell indicirten'Hülfsmitteln zu behandlen. Das ärztliche Handlen erfordert daher ftets eine umfaflende geiftige Operation, deren Ergebnifs um fo - werthvoller und ficherer ift, je mehr fich der Geilt des Arztes dazu durch allgemeine und fpecielle Studien vor-