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Das Studium und die Ausübung der Medicin durch Frauen / beleuchtet von Dr. Theodor L. W. von Bischoff
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kräftiger gefunder Mann folche Anftrengungen zu leiftcn vermag.

»Mens sana in corpore sano!« Das ift Alles in Allem in der weiteften Bedeutung der Worte die Forderung, die an einen Arzt geftellt wird' und geftellt werden mufs. Eine gründliche Schulbildung, welche auf die Entwicklung aller intelligenten Kräfte gerichtet fein mufs; ein umfaffendes Studium der gefammten anorganifchen und organifchen Natur, welches den Geilt reift zur Auffaffung und Ahnung der zwar noch verhüllten, aber dennoch mit unverbrüch­licher Nothwendigkeit wirkenden Gefetze des organifchen Lebens; eine eindringende Kenntnifs des menfchlichen Organismus im gefunden und kranken Zuftande, fowohl von feiner körperlichen als geiftigen Seite, ein gefunder, kräftiger, im freien Gebrauche aller feiner Glieder und Organe fich befindender Körper: Das find die Forderungen, die wir an einen Arzt Hellen, die an ihn geftellt werden müffen. Bleiben Neunhundert und neunzig dahinter zurück: die Zehne, die diefe Anforderungen erfüllen, find die Reprä- fentanten des Berufes, feiner Zwecke, feiner Leiltungen, feiner Rechte!

Es fragt fich nun, ob das weibliche Gefchlecht ver­möge feiner ihm von der Natur verliehenen Eigenfchaften und Kräfte befähigt ift, die eben gefchilderten Aufgaben des Studiums der Medicin und des praötifchen Arztes zu löfen ?

Die Vertheidiger diefer Prätenfion geberden fich fo, als könne darüber gar kein Zweifel fein, dafs auch die Frauen die natürliche Befähigung zu diefem Studium und feiner praötifchen Bethätigung befitzen, und dafs nur die Tyrannei des männlichen Gefchlechtes und die Unter­drückung, in welcher die Frauen bis jetzt erhalten worden feien, denfelben auch diefen ihnen von Natur offen ge- ftellten Bildungs- und Berufsweg abgefchnitten habe. Sollte man aber ja etwa daran zweifeln können, dafs fie in ihrer