meist aus dem Auge. Dies charakterisirt auch die selbst­ständige Frauenarbeit.

Ein kleines, aber bezeichnendes eigenes Erlebniss möge hier Platz finden: Ich war damals stud. med. im II. Jahr­gange, als mir der Demonstrator im anatomischen Secirsaale voll Bewunderung folgendes Object zeigte: Auf einem der gewöhnlichen, schwarz angestrichenenSecirbretter lag ein auf Muskel präparirter Mannesarm. Um die Gegend des Schultergürtels war ein weisses Handtuch malerisch auf- gekrämpt, und aus dessen Falten traten die sorgsam präparirten Muskeln: der Deltoides, der Coraco-brachialis, der Biceps, der brachialis internus. Säuberlich war die abpräparirte Haut zurückgeschlagen. Jedoch schon die Insertionen der Muskel in der Ellbogenbeuge zeigten sich sorgloser präparirt, ja der lacertus fibrosus bicipitis war einfach durchschnitten, die Muskeln des Unterarmes waren grob abgestreift, nicht von den Fascien getrennt, dafür aber verhüllte ein zweites weisses Handtuch, in reicher Faltung um das Handgelenk gelegt, discret die weitere Arbeit.Ist dies nicht hübsch? fragte begeistert der liebenswürdige Demonstrator.Ja, hübsch schon, antwortete ich,aber nicht anatomisch!Wissen Sie, werdas präparirt hat?Nein, aber ich denke, es ist die Arbeit einer der Studentinnen drinnen in derProsectur, denn keinem unserer Collegen fällt solcher Firlefanz ein, dafür aber präpariren sie besser und richtiger. Das be­wunderte Präparat war das Werk vieler Stunden einer amerikanischen Studentin, die aber bald aus unserem Gesichts­kreise verschwand.

Aus all diesem Vorstehenden möge entnommen werden, dass es unzweifelhaft ist, dass gewiss in Folge des langen Brachliegens die psychischen Occupations- gebiete der Frau nicht so fertil sind wie die des Mannes. Daraus folgt aber gewiss nicht, dass die Frau bei ziel­bewusster Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten nicht

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