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wissenschaftlichen Denkarbeit, deren Object jetzt eine dubiose, innere Erkrankung und unmittelbar darauf eine schwere, äussere Verletzung ist, muss er in chirurgischen und besonders aber in geburtshilflichen Fällen seine ganze geistige Kraft und Geistesgegenwart aufbieten können; immer umschwebt ihn drohend das Gefühl der schweren Verantwortlichkeit. Welche Geinüthserschütterungen muss der Arzt zu ertragen im Stande sein; mitten im Wirr­warr einer plötzlichen Katastrophe, eines plötzlichen gefährlichen Krankheitsfalles, mitten im Weinen und Jammern der besorgten Familienmitglieder muss er ruhig und unbeirrt denkend seines Berufes walten und muss als wahrer Apostel der Humanität Trost und Hilfe spenden, muss Muth und Hoffnung predigen, wo seine, wo menschliche Hilfe erlahmt. Ja, wahrlich, der ärzt­liche Beruf verlangt Vieles von seinem Jünger.

Wird die Frau als Arzt diesen Anforderungen Ge­nüge leisten können? Diese Frage ist eine heissum­strittene, und Manche sehen in ihrer Verneinung die Verurtheilung der ganzen Frage.

Zweifelsohne übernimmt der weibliche Arzt eine der schwersten Lebensaufgaben, eine der schwersten Berufs­arten, und als Arzt muss man die berechtigte Frage aufwerfen, welche Art ärztlicher Praxis kann die Frau ausüben?

Der Landarzt sagt entschieden:Nein, zur Land­praxis eignet sich die Frau nicht, solchen körperlichen Strapazen ist die Frau nicht gewachsen, und es ist Fri­volität, eine Frau in eine so schwierige Lebensstellung zu jagen!