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Hochschule entgleisen und nicht zum Examen gelangen, so bleiben immerhin noch 8000 ihr Ziel erreichende Studirende übrig. Da gewöhnlich das Studium in fünf Jahren beendigt wird, so werden, wenn diese bedenkliche Hochfluth andauert, demgemäss in 10 Jahren nicht weniger als 16.000 Aerzte producirt, also genau die Zahl der bis jetzt prakticirenden Aerzte. Wenn auch viele Aerzte frühzeitig ihrem Berufe zum Opfer fallen, viel früher als in anderen Berufsarten, so über­steigt doch der Zugang den Abgang bei weitem.

Aehnlich sind die Verhältnisse in Oesterreich, und die gesteigerte Nachfrage nach Aerzten hat durch die Ueberproduction schon lange aufgehört.

Die Aerztin. findet sonach ein vollbesetztes Feld vor, und schwer, sehr schwer wird ihr Existenzkampf werden.

Also gar so verlockend ist der ärztliche Beruf nicht; das Sprichwort von der praxis aurea ist längst Mythe geworden; der einst so hochangesehene ärztliche Stand ist durch verschiedene Ursachen, deren Erörterung nicht hieher gehört, in seinem Ansehen ge­sunken. Eine Menge von Scheinärzten mit den ver­schiedenen Heilmethoden, Pfarrer und Laien mit den unglaublichsten, der rohesten Empirie entspringenden Behandlungsarten nützen die Sucht des Publicums nach dem Ungewöhnlichen, dem Widersinnigen aus und schädigen so den ärztlichen Stand; die Gesetzgebung mit ihrem Krankencassenzwang hat dem materiellen Wohl des ärztlichen Standes einen sehr empfindlichen Stoss versetzt, und durch eine falsche Popularisirung der Wissen­schaft hat auch das wissenschaftliche Ansehen der Aerzte schwer gelitten. Die Ueberproduction macht sich in der Concurrenz schon recht bedenklich fühlbar, und es ist