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bethätigen. Das ist gewiß recht löblich und schätzbar gewesen. Allein es drängt sich doch Angesichts dieser charakteristischen Thatsache die Frage aus, ob nicht darüber wichtigere und näherliegende Interessen vernachlässigt worden sind, ob nicht verständigerweise diesen gelehrten vor Allem wirthschastspolitische Expeditionen hätten vorausgehen sollen, ob es nicht zweckmäßig gewesen wäre, anstatt die fähigen jungen deutschen Kaufleute in das deutschfeindliche Frankreich ziehen zu lassen, sie durch Gewährung von Empfehlungen und Stipendien nach der Levante zu lenken, wie es jetzt von einigen Vereinen zur Beförderung ausländischer Handelsbeziehungen beabsichtigt wird?
Daß Deutschland die große Bedeutung des Orients für seine wirthschaftspolitischen Interessen so lange verkannt, ist zu begreifen, wenngleich nicht zu begründen. So lange Deutschland selbst vorwiegend Bodenerzeugnisse ausführte, fehlte es an der Grundlage eines umfassenderen Güteraustausches zwischen ihn: und den Orientländern. Letztere sind an Schätzen reich und wenigstens für Europäer auch frei und doch herrschte gegen sie eine landläufige Abneigung ganz im Gegensatze zu den Ländern der neuen Welt, deren Reichthümer und Freiheiten laut gepriesen und viel bewundert wurden. Nach dem Westen wendeten sich jene Millionen deutscher Staatsbürger, denen das Vaterland zu klein geblieben war und noch immer geht der Hauptstrom der Auswanderung in den neuen Welttheil und nicht nur verloren für das deutsche Reich und Volk sind Diejenigen seiner Angehörigen, welche dorthin gehen, sondern sie werden alsbald die gefährlichen Konkurrenten ihres ohnehin von dorther bedrängten Vaterlandes. Auch in anderen Ländern ließen sich größere Gruppen deutscher Ansiedler nieder und legten den Grund zu neuen und erweiterten Beziehungen des deutschen Auslandshandels. Nur dem Orient gegenüber glaubten das deutsche Reich und Volk kurzsichtigen Blickes in kühler Zurückhaltung verharren zu müssen.
Ja, kurzsichtigen Blickes! Denn Angesichts der begonnenen Ueber- flügelung der alten durch die neue Welt hätte Deutschland, wie Frankreich und England, wie in seiner Art auch Rußland schon längst dem alten Mutterlande, den mitteleuropäischen Stämmen, den dichtbevölkerten und naturbegünstigten Ländern jenes größten Erdtheils, mit welchem es die alte Welt bildet, seine ernste Aufmerksamkeit wieder zuwenden sollen. Im näheren und ferneren Orient gedeiht in Hülle und Fülle was Mitteleuropa zu seinem wirthschaftspolitischen Fortbestände bedarf, vor Allem Rohstoffe, Nahrungs- und Genußmittel. Lernt Mitteleuropa endlich, Asien zu entdecken, so wird es auch begreifen, daß die orientalische Frage aus einer politischen eine wirthschastspolitische geworden ist, daß sie die Regelung der wirthschaftspolitischen Beziehungen zwischen Europa