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und der Lehrerin jede zweckwidrige Ausschreitung in Form, Farbe und Geschmack geahndet werden, hier mußte man milder verfahren, um den Umschwung, der sich derzeit in den Arbeiten von Frauenhand geltend macht, theils zum Ausdrucke kommen zu lassen, theils zu fördern, theils in's richtige Geleise zu lenken. Es galt hier nicht blos über die Producte weiblicher Mußezeit abzuurtheilen und wenn man auch einzelnen müßigen Experimenten begegnet, so liegt doch in so mancher scheinbaren Tändelei oft schalkhaft, oft sinnend der Genius weiblicher Phantasie verborgen, dem nur der zweckmäßige Anstoß fehlt, um schön und nutzbringend hervorzutreten. Und so wurde denn mit möglichster Milde der Beurtheilung verfahren und neben mancher unscheinbaren schüchternen Erfindung, neben mancher Arbeit, die sich eben nur durch Tadellosigkeit der Durchführung aus­zeichnet, ein stolzes Prachtwerk von Frauenhand gefügt, eingereiht.

Die Ausstellung gliedert sich durch die Art der eingesandten Arbeiten in einige, ganz bestimmt begrenzte Gruppen: Die Näh­arbeiten im engsten Sinne des Wortes, die Häkelarbeiten, die Frivo- litätarbeiten, die Uoiut-Iuoo-Arbeiten, die altvenetianischen und Brabanter Spitzen, die Filet - Guipure, die Weiß-, Bunt-, Flach-, Gold- und Kunststickerei sind in besonderer Menge, einzelne Objecte derselben ganz wunderbar prächtig und tadellos ausgeführt, vertreten. Die Kunstfertigkeit unserer Mütter, die Strickarbeit, ist kaum aufzu­finden und kaum, außer in einem feinen spitzenartigen Gewebe und . einigen Strümpfen vertreten, die trotz ihres mustergiltigen Gefüges doch so vereinsamt aussehen, als wären sie durch ein Mißverständniß ans den Schulen herübergewandert. Die Näharbeiten haben einige merkwürdige Repräsentanten weiblichen Fleißes und weiblicher Kunst­fertigkeit auszuweisen, von denen Nr. 1103, Nr. 1104 und Nr. 1151 in erster Reihe stehen. In ganz besonderer Menge sind neben koint- Irice- und Frivolität-Arbeiten die venetianischen Spitzen zu finden, mit ihrer merkwürdigen Technik, mit ihrer klaren, ruhigen Zeichnung. Es ist das ein glänzender Fortschritt, den der weibliche Geschmack in den letzten Jahren gemacht, daß er sich dieser Arbeit entschieden zuge­wendet hat.